Full text: Lesebuch für die obere Klasse katholischer Stadt- und Landschulen

Von der Obstbaumzucht. 
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beim Zerbeißen aus einander, so sind sie vollkonimen reif. Das Abmähen 
der Halmfrüchte geschieht an einigen Orten mit der Sichel, an andern mit 
der Sense; ersteres erfordert weit mehr Zeit und Arbeit. Das gcmähete 
Getreide bleibt nun entweder in langen Schwaden oder in kleinen Haufen 
auf der Erde einige Tage liegen, damit der Halm trockene und das im 
Stroh befindliche Unkraut verdorre. Naß eingebrachtes Getreide erhitzt 
sich, wird roth oder schwarz, verliert die Keimkraft, gibt ungesundes Mehl 
und verdorbenes Stroh. 
Die Scheune muß trocken und luftig sein. Für jede Getreideart 
bestimmt man darin einen besondern Raum. Im Bansen wird eine gute 
Unterlage von Stroh oder Reisigbündeln gemacht. Die Garben legt man 
so, daß die Sturzen auswärts nach den Wänden und die Aehren einwärts 
kommen. Das Dreschen des Getreides geschieht zu bequemer Zeit, nach 
vollendeten Feldarbeiten und so, wie es der Bedarf an Korn und Stroh 
erfordert. 
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Siebente Abtheilung. 
Von der LWaumzuchl. 
Der Landmann gewinnt sein Gemüse größtentheils im Felde und wird 
sich auf den Anbau der feineren Küchengewächse, die viel Dünger 
und Pflege bedürfen, wenig einlassen; allein die O b st b a u m z u ch t kann 
er als ein angenehmes und belohnendes Nebengeschäft betreiben. Einige 
Kreise Schlesiens besitzen ansehnliche Obstpflanzungen, doch entbehren der¬ 
selben noch die meisten,Rind in mehreren geschieht, aller Aufmunterungen 
ungeachtet, für den Obstbau fast nichts. Unwissenheit und Vorurtheile 
mögen wohl die Hauptursachen sein, daß noch an so vielen Orten die bei 
den Häusern Ländlichen Grasplätze nicht in Obstgärten verwandelt sind, 
und daß man aH-Wegen, Rainen und Wiesen lieber verkrüppelte Weiden 
und Dornsträucher, als Fruchtbäume wachsen läßt. Man bringt dort zur 
Entschuldigung vor, die meisten Versuche seien fehlgeschlagen, indem die 
Bäume in kurzem zu Grunde gingen oder nur kümmerlich fortkamen, da 
bald der kalte Himmelsstrich, bald der schlechte Boden ihrem Gedeihen hin¬ 
derlich feien. Andere Ursachen des Mißlingens fand man selten. Konnten 
aber die kränkelnden Bäume nicht aus einer Baumschule sein, wo man sie 
durch Künsteleien schnell groß getrieben hatte? Wurden sie auch unbe¬ 
schädigt herausgenommen, gut eingesetzt, und hatte man das Erdreich zu 
ihrer Aufnahme gehörig vorbereitet? Unser Himmelsstrich ist doch bei 
weitem milder als der von Schweden, wo noch Fruchtbäume gedeihen. Zn
	        
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