VI. Von dem Menschen.
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Haut, welche strahlenförmige und verschieden gefärbte Streik
fen hat, und daher die Regenbogenhaut heißt. In ihr
rer Mitte ist eine runde Oeffnung, die SeHoffnung ger
nannt, welche wie ein kleiner schwarzer Fleck aussieht. Eine
fünfte Haut umgiebt die innere Seite der schwärzlichen Haut,
und heißt die Netzhaut, weil sie netzförmig gebildet ist.
Sie umfasst eine» durchsichtige, zähe Feuchtigkeit, welche die
gläserne genannt wird, weil sie dem geschmolzenen Glase
ähnlich ist. Vorn in dieser gläsernen Feuchtigkeit ist eine rund-
liche Grube, in welcher ein kleiner, heller und durchsichtiger
Körper liegt, den man die Krystall-Linse nennt, weil Kryk
stall sehr hell und durchsichtig ist, und weil dieser Körper die
Form einer Linse hat. Der Raum, welcher zwischen der Horn»
haut und der Linse ist, enthält eine wässrichte Feuchtigkeit,
welche die Geschmeidigkeit des Auges befördert, und es be¬
weglich macht. Damit sich das Auge nach allen Rich¬
tungen bewegen könne, so hat der Schöpfer sechs Muse
keln an dem Augapfel angebracht.
Jetzt, lieben Kinder, kennet ihr erst die Theile, aus wel¬
chen eure Augen bestehen; aber ihr wisset noch nicht, wie es
zugeht, daß ihr sehen, d. h. mit euren Augen Dinge,
welche um euch her sind, deutlich wahrnehmen könnet. Dies
sollt ihr jetzt lernen. In einer dunklen Stube, oder in einer
finstern Nacht könnet ihr nicht sehen; durch das Licht werden
euch die Dinge erst sichtbar. Die Luftstrahlen, welche
von dem Gegenstände ausgehen, den ihr sehen sollt, dringen
durch die Häute und Flüssigkeiten des Auges, und werden
auf die Art gebrochen, daß sie sich auf der Netzhaut vereinir
gen, und da im Kleinen ein Bild des Gegenstandes entwer¬
fen, wie es der Spigel im Großen thut. Ist der Gegenstand
unserem Auge zu nahe, so sehen wir ihn nicht, weil dann
das Bild desselben hinter die Netzhaut fällt; ist er zu weit ent¬
fernt, so sehen wir ihn auch nicht, weil daö Bild alsdann vor
die Netzhaut fällt. Daß wir die Gegenstände nicht doppelt
sehen, ob wir sie gleich mit zwei Augen wahrnehmen, rührt
daher, weil die Empfindung in beiden Augen gleich ist. Mit
zwei Augen sieht man nicht beträchtlich deutlicher und schär¬
fer, als mit einem. Der Sinn des Gefühls muß fast bei
allen Gegenständen dem Sinn des Gesichls behülflich sein,
wenn wir eine vollständige, richtige und deutliche Vor¬
stellung von einem Gegenstände erhalten sollen. Nennet
mir nun einige Dinge, oder Beschaffenheiten der Dinge,