Achte Abth. Von d. bürgert.Gesellschaft rc. 28t
würde Jeder dem Andern nur Gutes erweisen, und es wür¬
de wohl um die Menschen stehen : aber auf eine solche
Denk, und Handlungsweise ist wenigstens nicht bey allen
Menschen zu rechnen. Im Irrthume halten sie manches für
erlaubt , was es nicht ist; bey der Heftigkeit der Triebe ach¬
ten sie nicht immer auf die Religion und das Gewissen, oder
verleugnen selbst Gott und die Pflicht (Ps. 14.). Darum
erkennt es auch das Christenthum als eine nothwendige
und heilsame Einrichtung, daß eine menschliche Ordnung
vorhanden ist, welche die ersten und unentbehrlichsten
Bedingungen zur Erhaltung und Wohlfahrt der Menschen
zu sichern sucht, und es lehrt: Jedermann sey Unterthan
der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat; die Obrigkeit ist
von Gott geordnet.
§. 3
Die gesitteten Nationen hcwen sich in Gesellschaften
vereinigt, wo sie nach ihren eigenen Gesetzen leben, und eine
solche Gesellschaft, sie sey groß oder klein, heißt ein Staat;
die Gesetze heißen bürgerliche Gesetze, Staatsgesetze, auch
Landesgesetze. Diejenigen , welche den Staat nach diesen
Gesetzen erhalten und regieren, nennt man Staatsbeamte;
und diejenigen besonders, welche auf die Beobachtung der
Gesetze sehen, die Obrigkeit. DaS Oberhaupt davon ist in
den meisten Staaten ein Fürst, der durch seine Minister,
als seine nächsten Rathe; durch die Landeskollegien,^ Ro?
gicrungen, Kammern, Konsistorien, als obere'Behörden;
durch Magistrate oder Stadrathe; durch Amtleute und in
manchen Dörfern, wo Gutsbesitzer die Gerichtsbarkeit ha¬
ben, durch besondere Gericktsverrpalter, als^ Unterbehör¬
den den Staat regiert. Was uns nach göttlichen und
bürgerlichen Gesetzen erlaubt, oder nicht verboten ist, dazu
haben wir ein Recht, und diese Rechte darf uns Niemand
rauben oder uns in ihrem gesetzmäßigen Gebrauche stören,
die Obrigkeit schützt uns. Da aber andere Mitbürger eben
diese Rechte'haben, so darf auch ich ihnen dieselben nicht
rauben, noch sie in dem Gebrauche derselben stören. Ich
habe also auch Pflichten gegen meine Mitbürger'» und, soll
der Staar bestehen, auch gegen ihn und die ihn regieren.
Ich darf daher freylich nicht alles thun, was mir beliebt;
aber ich habe von dieser Einschränkung Meiner Freyhüt