Full text: Faßlicher Unterricht in der Natur-, Himmels- und Erdkunde (Theil 1)

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schaffen. Die Erziehung des Menschen zum reifen Denken ist hier nicht 
dem Zufalle überlassen, sondern unzählige, gut geordnete, niedere und 
hohe Schulen sorgen für eine zweckmäßige Entwickelung der Denk- 
kr.fft. Gesunde Begriffe von den Gegenständen des Lebens, richtige 
Einsicht in die Geschäfte, Bedürfnisse, Rechte und Pflichten des 
Bürgers und des Menschen; Kentnisse von der höchsten Bedeutung 
und Wichtigkeit sind in Deutschland überall verbreitet, und (Gemeingut 
des ganzen Volkes geworden. Dazu trug die ursprüngliche Einrichtung 
Deutschlands in mehrere kleine Staaten ungemein viel bei. Die vielen 
Fürstensitze Deutschlands sind eben so viele Sterne für die sie umgebenden 
Gegenden. Eine bedeutende Zahl der ausgezeichnetsten Universi¬ 
täten vertheilen Licht und Leben im deutschen Vaterlande, und senden 
Strahlen der herrlichsten Erleuchtung dem entfernten Auslande zu. 
Wer in Deutschland seinen Verstand nicht brauchen, sein Gedächtniß 
und seine Einbildungskraft nicht üben lernt, der hat nie versucht, 
der Finsterniß zu entfliehen. 
Das deutsche Volk ist auch eines der rechtlichsten Völker des 
Erdbodens. Die scharfsinnigsten und gründlichsten Untersuchungen 
über die Rechte der Volker, Fürsten und Unterthanen, die wohl¬ 
thätigsten und menschlichsten Gesetze sind ein Erzeugniß der deutichen 
Gerechtigkcitsliebe. Dem rechtlichen Sinne der Deutschen ist ein ge¬ 
setzmäßiges Leben Bedürfniß, und die Rechte des Eigenthums, des 
Lebens und der Ehre werden von keinem Volke weniger verletzt, als 
von dem deutschen Volke. Die Führer der Staatsgewalt, wenn sie Väter 
ihrer Völker sind, finden an diesen dankbare Kinder bis zum Tode. 
Die meisten Kriege des deutschen Volkes waren nicht Eroberungs-, son¬ 
dern nur Verteidigungskriege. Ost brachte es seiner Liebe zum Frie¬ 
den schmerzliche Opfer; aber das empörte Gefühl des Rechts begeisterte 
es auch zu allen Zeiten zu den grösteu Heldenthaten. 
Die Deutschen sind bei allen ihren Fehlern und Gebrechen dennoch 
eines der sittlichuuverdorbensten Völker der Erde. Arbeitsamkeit ist das 
Bedürfniß jedes achten Deutschen, und die süßeste Würze seiner Speise 
das Bewußtsein, sie seinem Fleiße zu verdanken. — Des Deutschen 
Gehorsam gegen seine Fürsten, seine Treue gegen seine Vorgesetzten, 
gegen Menschen, die sein Vertrauen verdienen, so wie die Treue gegen 
sein eigenes gegebenes Wort, müssen selbst seine Feinde achten. — 
Hohe Achtung gegen jeden Menschen, so avie auch Gutmüthigkeit, 
Versöhnlichkeit und Mäßigung gegen seine Feinde, liebevolle Theilnah¬ 
me an fremdem Geschick, herzliches Mitleiden gegen Unglückliche, 
bleibende Dankbarkeit für empfangene Wohlthaten, Gastfreundschaft 
und Dienstfertigkeit sind noch immer die Zierde jedes unentarteten 
Deutschen. 
Auch zeichnet sich das deutsche Volk durch seinen Kun sts inn vor¬ 
züglich aus- Ausgezeichnete Dichter und Redner, vortreffliche Ton- 
künstler und Maler, geschickte Bildhauer und Baumeister sind in 
Deutschland einheimisch. Es giebt darin feine auch noch so kßeine
	        
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