Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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lichen Schlachtopfer hat sich in die Stimme des Gebetes und des 
Gottes lob es verwandelt. An die Stelle der Menschenopfer ist 
christlicher Gottesdienst und an^ die Stelle des Kindesmordes 
zärtliche Mutterliebe getreten. Überhaupt ist in Australien, wie 
kaum irgendwo, die Wunderkraft des Evangeliums ans Licht getre¬ 
ten. Die noch vor Kurzem so blutgierige Bevölkerung sammelt sich 
zu lebendigen blühenden Christengemeinden, die selbst wieder Missionaire 
aussenden. Auf den Sandwichsinseln, Otahaiti u. a. herrscht 
europäische Cultur. Das ist das Werk christlicher Liebe und Ausdauer 
von englischen und amerikanischen Missionairen, die ihnen auch die 
heilige Schrift in ihre Sprachen übersetzt haben. 
41. Der Brodbari,rr. 
Zu den dankenswerthestcn Geschenken, welche der Schöpfer den Bewohnern 
derjenigen Länder gegeben hat, in welchen unsere gemeinen Getreidearten wegen zu 
großer Hitze nicht fortkommen, gehört besonders der Brodbaum. Er wächst in 
Ostindien, vorzüglich aber auf den Inseln der Südsee, und wird ungefähr 
so groß wie eine mittelmäßige Eiche; die Blätter sind 1 Va Fuß lang und ent¬ 
halten einen milchickten Saft. Die Frucht ist länglichrund, fast von der Gestalt 
eines Kürbisses; die samentragende soll zuweilen 100, gemeiniglich aber nur 
20—30 Pfund wiegen; die ohne Samen erreicht höchstens nur die Größe eines 
Menschenkopfs. Unter der rauhen, grünen Rinde derselben befindet sich ein weißes, 
schwammichtes Fleisch, so locker wie neugebackenes Brod. Die völlig reife Frucht 
sieht gelb aus und enthält einen widrig süßen Brei, der aber selten und nur mit 
Vorsicht genossen wird, weil er ungesund sein soll. Gewöhnlich nimmt man die 
Frucht vor der Reise ab, schneidet sie in 3—4 Theile, wickelt sie in Blätter und 
röstet sie auf heißen Steinen; denn ungeröstet kann sie nicht gegessen werden. Nach 
dieser Zubereitung schmeckt sie wie Weizenbrod, worunter etwas Kartoffelmehl 
gemischt ist. Man bereitet sie aber auch noch auf andere Art zu. Die nicht 
völlig reifen Früchte werden abgenommen und aufgeschüttet, damit sie nachreifen. 
Sodann wirft man das von der Rinde und von dem Fruchtkern abgesonderte 
Fleisch in tiefe gepflasterte Gruben, bedeckt es mit Blättern und Steinen und läßt 
es gähren. Von diesem gegohrnen oder durchsäuerten Teige bildet man kleine 
Brode, wickelt sie in Blätter, und bäckt sie auf heißen Steinen. So hält es sich 
länger, als wenn es ungegohren geröstet wird, daher es die Otaheitier, bei denen 
der Brodbaum besonders häufig gefunden wird, auf weiten Reisen mit sich nehmen. 
Der Brodbaum läßt sich in heißen Ländern sehr leicht fortpflanzen, und er 
ist so fruchtbar, daß ein Mensch von dreien derselben ein ganzes Jahr leben 
kann; 10 Bäume ernähren eine ganze Familie. 
Das gelbliche Holz des Baumes ist weich, nimmt keine Politur an, kann 
aber zu allerlei Kunstsachen verarbeitet werden. Aus der Rinde verfertigt man 
sehr schönes Zeug zu Kleiderstoffen, und die Blätter dienen theils zum Einwickeln 
der Frucht beim Rösten und Backen, theils als Tischtücher. Die abgefallenen 
männlichen Blüthen werden als Zunder benutzt. 
42. Die Staudenkoralle. 
Zu den merkwürdigsten Pflanzenthieren, die ein hartes, steinartiges Gehäuse 
haben, das mit dem Thiere sich bildet, und welches nicht blos ein einziges Thier- 
chen der Art beherbergt, sondern in dem viele Millionen derselben sitzen, gehören 
die Staudenkorallen. 
Die Fortpflanzung findet bei diesen Thieren nach Art der Pflanzen statt. Aus 
dem Mutterstamme wächst eine Knospe oder ein Zweig hervor, der aber am 
Grundstöcke bleibt; aus diesem Zweige treibt wieder ein Zweig, aus diesem wie-
	        
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