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VIII Von dem Weltgel'irude.
Alles, was Gott erschaffen hat, nennt man die Welt. Eine zahllose Menge
von Körpern umfaßt dieses einzige Wort. Wenn wir unsere Augen in einer
heitern flacht zum Himmel erhebe», so scheint unS derselbe über und über mit
kleinen Lichtern besäet, welche wir Sterne nenne». Einer ist noch schöner und
glanzvoller, als der änderet — So klein aber sind sic nicht, sondern erscheinen
uns nur so, wegen ihrer ungeheuren Entfernung von uns. Zn der Wirklich¬
keit verschwindet die Größe unserer Erde gegen die der meisten Sterne, wie
etwa ein Wassertropfcn gegen das unermeßliche Meer. — Dennoch ist dieser
Tropfen im Meere, diese gegen das Ganze so kleine, uns aber, die wir sie
bewohnen, so große und weite Erde, für uns der wichtigste Weltkörper, der
vor allen unsere Aufmerksamkeit verdient.
A. Von dcr Erdc.
l. Gestalt der Erde.
Unser Wohnplatz, die Erde, erscheint uns auf den ersten Anblick als eine
endlos ausgebreitete Ebene, über welcher sich der Himmel gleich einer großen
Halbkugel wölbt. Das ist sie aber nicht, sondern vielmehr eine große Kugel,
die frei im unermeßlichen Weltenranme schwebt. — Zhr könnt euch davon
durch folgende Gründe überzeugen:
1. Wir mögen so hoch oder so niedrig stehen, wie wir wolle», wir mögen
unS auf der Erde befinden, wo wir wollen, so erscheint uns derjenige Theil,
den wir von derselbe» übersehen können, immer in der Gestalt eines Kreise-,
wenn nicht besondere Gegenstände unsere Aussicht hemmen. Diese Erscheinung
kann nur bei einer Kugel Statt finden.
2. Wen» wir uns einem entfernte», hohen Gegenstände, z. B. einem
Thurme oder einem Berge nähern, so erblicken wir zuerst die höchsten, nach
und nach aber auch die niedriger liegenden Theile desselben. Wenn wir unS
aber entfernen, so verschwinden zuerst die niedrigsten, und dann allmählig auch
die höheren Theile aus unserm Gesichtskreise. Diese Erscheinung muß noth¬
wendig in einer überall Statt findende» Rundung des Erdkörpcr- ihren Grund
haben. Eine» überall gleichmäßig abgerundeten Körper aber nennt man eine
Kugel. — Wäre die Erde eine wirkliche Ebene, so würden uns die Gegen¬
stände immer kleiner und kleiner erscheinen, je mehr wir unS von ihnen ent¬
fernten, und zuletzt ganz unsern Augen entschwinden, wie ein Vogel, der immer
weiter von unö hinweg fliegt.
3. Aus dem Schatten eines Körpers kann man mit ziemlicher Gewißheit
ans die Gestalt desselben schließe». Ein Körper, der von allen Seiten einen
runden Schatten wirst, kann keine andere, als eine kugelförmige Gestalt haben.
Bei unserer Erde ist dies der Fall; allemal erscheint der Schalten derselben
in dein Monde, zur Zeit der Mondfinsternisse rund.
4. Endlich haben schon zu verschiedenen Zeiten Menschen diese unsere Erde
umsegelt. Sie segelten immer »ach derselben Richtung, z. B. immer nach
Westen, kamen so nach und »ach rund »tut die Erde herum, und man sah sie
von Osten wieder bei dem Orte, von welchem sic ausführen, anlange». So
entfernen sich auch zwei Schiffe, von welchen das eine östlich, das andere west¬
lich segelt, nicht immer von einander, sondern begegnen sich nach einiger Zeit.
5. Die Sonne geht in östlichen Gegenden eher aus, alö in westlichen. Wäre
die Erde eine Ebene, so würde sie beide zu gleicher Zeit erhellen.
Unsere Erde hat also eine kugelförmige Gestalt. Aber ein; völlige Kugel
ist sie nicht, sondern etwas eingedrückt oder abgeplattet.