Full text: Für die dritte Bildungsstufe (Theil 3)

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Welten, Raume, Zeiten. Ihren Kindern 
Stehen ewig vor Gesetz und Ordnung, 
Lieb' und strenges Schicksal, alle leitend, 
Alle leitend zum lebend'gen Vater. 
Laß den Schleier sinken, heil'ge Mutter, 
Schlage zu dein Buch voll Gottesschriften; 
Denn ich kann nicht weiter, kann nicht höher 
Klimmen in Gedanken. Neige lieber 
Her das Füllhorn deiner Ruh' und träufle, 
Träufle sanft mir zu, o du, des Schlafes 
Und der Traume Mutter, träufle sanft mir 
Zu Vergessenheit von meinen Sorgen. 
Fühl' ich nicht, wie ihre Schlummerbinde 
Mich umhüllet, wie mit Mutterhanden 
Sie mein fallend Augenlid mir zuschließt? 
Welche Geister, die schon vor mir gau¬ 
keln! — 
Angesichte, treffliche Gestalten 
Andrer Welt. Ein süßes Licht umstrahlt 
mich, 
Das mein wachend Auge nie gesehen. 
Welch' ein Mond! o welche schöne Sterne! 
Schweb' ich? schwimm' ich? steig' ich? sink' 
ich nieder 
Vor dem Thron des Unerschaffnen? Engel, 
Genien sind um mich, die Gespielen 
Meines Lebens und auch du, mein Bruder, 
Du meinSchutzgeist, den ich nimmer kannte— 
Reichst Du mir die Hand? bist hold und freund¬ 
lich ? 
Ziehst mich mit in diese Lobgesange, 
Ach! in die mein Geist verhallte. 
Schlummre wohl indeß, du trage Bürde 
Meines Erdenganges. Ihren Mantel 
Deckt auf dich die Nacht und ihre Lampen 
Brennen über dir im heil'gen Zelte. 
Gottes Wachter steigen auf und nieder 
Von den Sternen, und des Himmels Pforte 
6. Das 
Hörest du die Wolken rauschen? 
Die Orkane wüthend stürmen? 
Schwarze Wetterfahnen tauschen 
Unflat aus den Thürmen 
Ihre Richtung. 
Der Vernichtung 
Herold kündet 
Untergang. 
Steht dir offen in verborgnen Traumen. 
Aller Engel, aller Sel'gen Seelen 
Göttliches Concert; sie blicken alle, 
Monde, Sonnen auf, zu welcher Sonne? 
Welchem Mittelpunkt in allen Kreisen? 
Welchem Allumfaffer, Allersüller — 
Mir auf meinem Wandelstern unsichtbar, 
Nicht unsichtbar einst dem Sonnenbürger?— 
Sieh! und alle blicken so vertraulich 
Auf mich nieder! — Seht ihr mich, ihr 
Sterne, 
Mich, des Staubes Staub, der ich euch 
denke, 
Meine Freund' euch nenne, die Gespielen 
Meiner süßesten, erhabnen Wollust, 
Meiner besten Ruhe stille Zeugen? 
Jünglinge des Himmels, süße Kinder 
Der verklärten Nacht, du hold Geschwister 
Meiner Andacht, meiner Ruh' und Hoff- 
^ nung: 
Ach, wie glanzet ihr so lange, lange 
Schon in euren schönen Feierkleidern, 
Eh' ich war und eh' die Erde da war! 
Und wenn ich nicht mehr, wenn lange, lange 
Sie nicht mehr ist: wenn der dumpfe, ferne 
Erdenton, das Seufzen seiner Pole 
Euer Lichtconcert nicht mehr wird stören, 
Nicht in eure Hymnen mehr wird jammern: 
Werd'ich denn, Holdsel'ge, mit euch zie¬ 
hen? 
Blüht in euren amaranthnen Lauben 
Auch für mich ein Kranz der Lieb' und Un¬ 
schuld ? 
Daß ich, stimmend ein in euren reinen 
Jubel, auch vertraulich wieder winke, 
Einem Irrenden ein Strahl der Leitung, 
Einem Traurenden ein Stern der Hoff¬ 
nung? 
Herder. 
Gewitter. 
Rasch und lang 
Zuckt der Blitz und zündet 
Hütten, wo die Hirten wohnen, 
Sale, wo beim Feste 
Taumeln Gaste, 
Und Palaste, 
Wo die Herrscher thronen. 
Donner rollen,
	        
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