Full text: Die europäisch-germanischen Staaten (Theil 1, Abth. 2, 1, A)

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Europa. Die Rangordnung der europäischen Staaten. 
England, Oesterreich und Frankreich haben unter den jetzt bestehenden 
Staaten in Europa das größte Alter; sie haben als selbstständige Staaten ihren Anfang 
im 9. Jahrhundert genommen, England i. I. 827 durch Egbert den Großen, seit 
1707 und 1800 mit Schottland und Jreland vereint, Oesterreich als heiliges 
römisches Reich 843 durch den Vertrag von Verdun, zur selben Zeit auch bei derselben 
Gelegenheit Frankreich; als österreichisches Kaiserreich besteht jenes aber erst seit 
1804, seit der völligen Auflösung, des deutschen Reichs. Dänemark hat seine 
Selbstständigkeit 863 genommen, Schweden und Norwegen zu Anfang des 
11. Jahrhunderts, seit 1814 sind beide mit einander zu einem Staate verbunden. 
Die Königreiche Portugal und Neapel mit Sizilien nahmen ihren Anfang im 
ersten Drittel des 12. Jahrhunderts, der Kirchenstaat zu Anfang des 13., das 
Kaiserthum Rußland als Czaarthum im letzten Drittel des 15., Spanien als ein 
Königreich zu Anfang, die Niederlande als selbstständige Republik zu Ende des 16. Jahr¬ 
hunderts, Preußen hat sich in seiner Entwickelung aus dem Herzogthum Preußen 
1665 erhoben, weil in diesem Jahre dies Herzogthum von Polen seine Selbstständigkeit 
gewann, als Königreich besteht es seit 1701, als Churfürstenthum Brandenburg weit 
früher; das Königreich Sardinien nahm seinen Anfang 1720. Die übrigen Mo¬ 
narchien haben in ihrem jetzigen Bestände ein weit geringeres Alter, die Königreiche 
Baiern, Würtem berg und Sachsen verdanken ihr Königthum dem Kaiser Na¬ 
poleon, ihr staatliches Bestehen, wennauch in anderer Weise und Ausdehnung, ist 
jedoch weit ältern Ursprungs; dasselbe gilt auch vom Großherzogthum Baden; mehrere 
Fürsten aus der französischer^-Kaiserzeit sind verschwunden. Die übrigen deutschen und 
europäischen Staaten sind erst seit den Jahren 1803, 1806 und 1814 und 15 in 
ihrer jetzigen Gestalt entstanden oder begründet worden. Die Königreiche Griechen¬ 
land und Belgien sind die jüngsten in der Reihe der selbstständigen europäischen 
Staaten; jenes, seit 1827 nach langem Freiheitskampfe von den türkischen Fesseln 
unabhängig, seit 1832 Königreich mit einem Könige aus dem baierschen Königshause; 
dieses, früher Bestandtheil des Königreichs der Niederlande, seit 1831 Erbkönigreich in 
einer Nebenlinie des Hauses Sachsen-Koburg-Gotha.— Von den Freistaaten 
hat S. Marino das höchste Alter, sein Ursprung soll in das Zeitalter der großen 
Völkerwanderung fallen, 1817 wurde er aufs neue vom Pabste anerkannt, von dessen 
Staatsgebiet sein Gebiet umschlossen ist; unter den 22 Schweizer Can tonen be¬ 
stehen die 3 Urcantone Schwyz, Uri, Unterwalden seit 1308, Luzern, Zürich, Zug, 
Glarus, Bern seit der Mitte des 14., Freiburg und Solothurn seit 1481, Basel, 
Schaffhausen, Appenzell seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts, die übrigen Cantone 
sind erst später, zum Theil erst in diesem Jahrhundert als selbstständige Cantone hinzu¬ 
gekommen; die 4 freien Städte des deutschen Bundes waren früher freie deutsche 
Reichsstädte, seit 1815 sind sie freie Glieder des deutschen Bundes; in demselben Jahre 
wurde die Republik der ionischen Inseln unter Englands Schutz selbstständig. Die 
Gestaltung der jetzigen Verhältnisse in Europa stammt zumeist aus den Staats- 
anordnungen und Verträgen seit dem großen Befreiungskriege her. — 
§. 82. Die verschiedene politische Bedeutung, welche die einzelnen Staaten 
im europäischen Staatensysteme einnehmen, ist nicht blos von der Größe ihres Staaten¬ 
gebiets abhängig, sondern wird weit mehr durch die Volkszahl, durch die geistige und 
gewerbliche Entwickelung ihrer Bewohner, durch die Staatseinrichtungen bedingt, welche 
alle mehr oder weniger mit den Eigenthümlichkeiten der verschiedenen Völkerstämme, 
mit den Relief- und Gewässerverhältnissen, mit der mehr ozeanischen oder mehr konti¬ 
nentalen Lage im innigsten Zusammenhange stehen. 5 Stauten: Rußland, Frankreich,
	        
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