IV. Waturkehre.
A. Hkeichgewichl und Bewegung der Körper.
1. Schwerkraft. Hält man einen Stein in der Hand und läßt ihn los, so
nähert er sich der Erde. Er fällt. Reife Äpfel, Birnen und Pflaumen fallen von den
Bäumen, lose Ziegelsteine von den Dächern, Regen, Schneeflocken und Hagelkörner
fallen aus der Luft herab auf die Erde. Ähnliche Fallerscheinungen lassen sich überall
auf der Erde wahrnehmen. Alle Körper, welche zur Erde gehören, werden
von der Erde angezogen. Die Kraft, durch welche diese Anziehung geschieht, heißt
Schwerkraft. —
Eine Kugel, aus einer Rübe oder Kartoffel geformt, stelle die Erde dar, kleine
aus der Kugel hervorragende Drahtenden mögen die Falllinien veranschaulichen. Wo
treffen sich diese bei gehöriger Verlängerung in der Kugel? — Wohin würde also ein
Körper fallen, wenn ihm die Erde einen Durchweg durch sich selbst gestattete? —
2. Lot und Sehwcrge. a. Binden wir an einen Faden eine Bleikugel und
lassen dieselbe frei in der Luft schweben, während wir den Faden festhalten, so wird
der Faden straff gespannt. (Weshalb?) Die Richtung, welche der straff gespannte
Faden in der Ruhe einnimmt, heißt die senkrechte. Faden und Kugel bilden zusammen
das Lot, welches Maurer und Zimmerleute häufig gebrauchen, um die senkrechte Rich¬
tung einer Mauer, eines Balkens rc. zu prüfen.
b. Wenn wir das Lot an einen im Gleichgewicht ruhenden Wagebalken halten,
so bildet cs mit diesem einen oder mehrere rechte Winkel. Halten wir die Kugel ins
Wasser, so bildet der Faden mit der ruhigen Oberfläche des Wassers ebenfalls rechte
Winkel. Die Linie, welche mit dem Lot einen rechten Winkel bildet, heißt wagerecht
oder wasserrecht. Zur Prüfung der wagerechten Richtung wird die Setzwage ange¬
wendet. Dieselbe besteht aus einem Brette, das die Form eines gleichschenkligen Drei¬
ecks hat. Von der Spitze bis auf den Grund der Setzwage ist eine Rinne gezogen,
welche mit der Grundkante rechte Winkel bildet. Oben an der Spitze ist ein Lot be¬
festigt. Stellt man nun das Brett auf ein Gemäuer rc., so wird das Lot nur dann in
die Rinne fallen, wenn das Gemäuer genau wagerecht hergestellt ist, im andern Falle
aber wird das Lot links oder rechts von der Rinne abweichen. (Warum?)
3. Der Schwerpunkt. Eine Pappscheibe, welche man auf den Tisch fallen
läßt, fällt nicht zur Erde, sondern bleibt auf dem Tische liegen, weil sie von demselben
unterstützt wird. Man kann aber die Pappscheibe schon durch eine Stecknadelspitze so
unterstützen, daß sie nicht zur Erde fällt, wenn man die Nadel an paffender Stelle
einsetzt. So läßt sich auch eine Tafel in dem Kreuzungspunkte ihrer Diagonale, ein
Topfdeckel in seinem Mittelpunkte durch einen Schieferstift im Gleichgewicht erhalten.
Es giebt also einen gewissen Punkt in diesen Körpern, dessen Unterstützung ausreicht,
um sie vor dem Fallen zu bewahren. Ein solcher Punkt findet sich aber in jedem Kör¬
per. Er heißt der Schwerpunkt. Ein Körper fällt nicht, sobald sein Schwer¬
punkt hinlänglich unterstützt wird.
Um die Lage eines Schwerpunktes von einem Körper zu finden, hänge man letzteren
in verschiedenen Punkten seiner Oberfläche nacheinander so an einem Faden auf, daß er
sich frei bewegen kann. Da, wo sich die senkrechten Verlängerungen des Fadens treffen,
liegt der Schwerpunkt des Körpers. (Bei welchen Körpern liegt der Schwerpunkt genau in
der Mitte? Bei welchen nicht?)
4. Standfestigkeit der Körper, a. Wir nehmen ein viereckiges Brett und bezeichnen
die Gegend des Schwerpunktes äußerlich durch einen schwarzen Punkt. Jetzt stellen wir das
Brett auf den Tisch und schieben es soweit über die Tischkante, daß es eben noch nicht fällt.
Der Schwerpunkt liegt noch über der Unterstützungsfläche, wie wir uns mittels des Lotes
leicht überzeugen können. Schieben wir das Brett jetzt weiter vor, so daß der Sch>verpunkt
nicht mehr über der Unterstützungsfläche liegt, so fällt es. Ein durch eine Fläche untcr«
RcaUenbuch A. (IV. Naturlehrr.) 1