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und Kalisch (Südpreußen), im ganzen 60 000 qkm mit über eineu
Million Einwohner. — Noch einmal erhoben sich die Polen unten
der Führung des tapferen Kosciusko; aber sie erlagen der russischem
Übermacht. Nun schritten Rußland, Österreich und Preußen 1795 zur drittem
Teilung Polens, durch die Preußen um 50 000 qkm und eine Million
Einwohner vergrößert wurde. Die neu erworbenen Gebiete nannte
man Neuostpreußen und Neuschlesien. Den Rest Polens bekamen Ru߬
land und Österreich. — Durch Erbvertrag mit dem letzten Markgrafen,
von Ansbach und Bayreuth fielen diese Länder 1792 an Preußen.
— Friedrich Wilhelm II. starb 1797 zu Potsdam. Unter seiner Re¬
gierung war der preußische Staat an Umfang und Bevölkerung ge¬
wachsen; aber die großen Eroberungen im Osten waren kein sicherer
Besitz; denn die Polen waren mit Haß gegen die neuen Herren erfüllt.
Die französische Revolution 1789 —1804.
1. Die Ursachen der Revolution. In Frankreich folgte aus
Ludwig XIV. sein Urenkel Ludwig XV. Dieser war ehrgeizig und
wollte wie sein Vorgänger die erste Rolle ' in Europa spielen. Da¬
durch wurde er in viele Kriege verwickelt, die große Summen ver¬
schlangen, Frankreich aber nichts einbrachten. An seinem Hofe herrschte
ein verschwenderisches, sittenloses Leben. Günstlinge und Freundinnen
des Königs gewannen Einfluß aus die Regierung und bereicherten
sich aus Kosten des Staates. Da verlor das Bolk jede Ehrfurcht vor¬
dem Könige und sprach nur mit Verachtung und Haß über das-
Königtum. Die Bürger und Bauern wollten vor allen Dingen teil¬
nehmen an der Regierung des Landes; denn sie zahlten fast die
ganzen Steuern, besaßen aber nur ein Drittel des Landes. Der Adel
und die Geistlichkeit hatten zwei Drittel vom Grund und Boden inne
und waren fast steuerfrei. Daher richtete sich der Haß des Volkes
nicht allein gegen den König, sondern auch gegen den Adel und die
Geistlichkeit. Das geplagteste Dasein führten die Bauern, die die
schwersten Frondienste für den Adel zu leisten hatten. So herrschte
Unzufriedenheit im Lande. Wenn es jemand wagte, die bestehendem
Verhältnisse abfällig zu beurteilen, so wurde er auf einen einfachen
schriftlichen Befehl hin verhaftet und in die Bastille (Staatsgesäng-
nis) gesteckt.
2 Der Ausbruch der Revolution. Unter diesen traurigen
Umständen bestieg Ludwig XVI. als Nachfolger Ludwigs XV. den
Thron. Die Staatsschuld war so groß, daß die Staatseinnahmen
zur Zahlung der Zinsen nicht reichten. Da berief der König 1789
die Reichsstände nach Versailles. Hier sollten die 570 Vertreter des
Adels und der Geistlichkeit und die 560 Abgeordneten des Bürger¬
standes darüber beraten, wie die Schuldenlast des Staates vermin¬
dert werden könnte. Der dritte Stand verlangte Abstimmung nach
Köpfen, um von den andern beiden Ständen nicht überstimmt zu