Full text: Geschichte Deutschlands von der älteren Zeit bis zur Gegenwart

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Hessen konnte sich allein nichtmehr halten; er begab sich daher zum Kaiser 
und bat um Gnade. Doch Karl ließ auch ihn gefaugen nehmen. 
Lukas Cranach. Um jene Zeit lebte zu Wittenberg der berühmte 
Maler Lukas Cranach, der ein großer Freund des Kurfürsten Johann 
Friedrich war und einst als Bürgermeister in der Hauptstadt gewaltet 
hatte. Als Karl die Stadt eroberte, ließ er den Meister, der jetzt schon 
alt war, zu sich kommen und zeigte sich gegen ihn sehr huldreich, wie¬ 
wohl er wußte, daß Lukas Cranach ein Freund Luthers und Melanch- 
thons war. Als der Maler dem Kaiser erzählte, wie er ihn einst als 
Kind gemalt habe, zeigte er große Freude darüber. Dem alten Manne 
aber stürzten die Thränen aus den Augen; er warf sich dem Kaiser zu 
Füßen und flehte mit Gnade für seinen Herrn, den Kurfürsten. Gerührt 
sprach der Kaiser: „Du sollst erfahren, daß ich ihm Gnade erzeigen 
will." — Als Zeichen seiner Gunst ließ er dem Maler einen silbernen 
Teller voll ungarischer Dukaten verehren. Am liebsten hätte Cranach 
die Gabe zurückgewiesen; doch das würde den Kaiser beleidigt haben. 
Daher nahm er von dem Geschenk nur soviel, als er mit zwei Finger¬ 
spitzen fassen konnte, lehnte aber alle Anträge Karls ab, ihm nach den 
Niederlanden zu folgen. Dagegen bat er: „Laßt mich meinem Herrn, 
dem Kurfürsten, in sein Gefängnis folgen." Das ist auch geschehen; 
denn als der Herzog Moritz die Kurwürde angetreten, ist der alte treue 
Cranach aus Sachsen nach Innsbruck in das Gefängnis seines Herrn 
gezogen und hat diesem, soweit es möglich war, durch Freundestrost und 
durch seine edle Kunst das Leben zu erheitern gesucht. 
Moritz von Sachsen. Augsburger 
Religionsfrieden. 1555. Moritz von 
Sachsen zürnte dem Kaiser, daß er sei¬ 
nen nahen Verwandten, den Landgrafen 
von Hessen, so hart gefangen hielt. Er 
verbündete sich daher mit andern Fürsten 
und zog gegen den Kaiser. Dieser lag 
zu Innsbruck in Tirol gichtkrank und 
wäre von Moritz beinahe gefangen ge¬ 
nommen worden. Er floh eilig bei Nacht 
und Nebel und sah sich darauf genötigt, 
den Forderungen der Protestanten nach¬ 
zugeben. Durch den Passau er Ver¬ 
trag (1552) wurde ihnen bis zum Zu¬ 
standekommen eines allgemeinen Reli¬ 
gionsfriedens völlige Gewissensfreiheit 
gewährleistet. Johann Friedrich aber 
und Philipp von Hessen erhielten die Karl v. 
Freiheit. Der gedemütigte Kaiser schloß 
nun auf Verlangen des Herzogs Moritz mit den Protestanten zu Augs¬ 
burg einen Religionsfrieden (1555). Von nun an durften sie frei 
int ganzen deutschen Reiche ihre Religion bekennen und genossen mit den 
Katholiken gleiche Rechte. 
Karls Y. Abdankung und Tod. Viele Täuschungen und ver¬ 
nichtete Hoffnungen erweckten in dem Kaiser den Wunsch nach Ruhe. 
Dazu mahnten körperliche Leiden und Schwäche ihn an das Ende. Da¬ 
her übertrug er (1555) zu Brüssel seinem Sohne Philipp die Regierung 
der Niederlande und erteilte ihm die lehrreichsten Ermahnungen und
	        
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