Full text: Die Praxis des zweiten Schuljahres in katholischen Volksschulen

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Deutsch. 
als z. B. Felgen, Daube, Zarge rc. Was ein einziges Lesestück 
beschreibenden Inhalts den Kindern bieten zu müssen glaubt, möge 
folgendes zeigen: 
Pflanzen, die auf dem Acker und der Wiese wachsen. 
Auf dem Acker werden gepflanzt: der Weizen, der Roggen, die Gerste, der 
Hafer, der Mais, der Klee, der Hanf, der Flachs, die Kartoffeln. — Der 
Weizen, der Roggen und die Gerste haben Ähren, der Hafer hat Rispen. 
Die Ähren und die Rispen enthalten Körner; die Körner geben Mehl. — 
Die Kartoffeln haben Knollen an den Wurzeln; die Knollen sind eßbar. 
Auf der Wiese wachsen: das Gras, die Schmalzblume, das Vergißmein¬ 
nicht, die Schlüsselblume, der Klee, die Zeitlose und noch manche andere 
Pflanzen. — Das Gras ist grün; es wird im Sommer gemäht und gedörrt. 
Das gedörrte Gras wird Heu geuannt. Das grüne und das gedörrte Gras 
sind ein Futter für die Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen. — Die gelben 
Schmalzblumen, die blauen Vergißmeinnichtchen und die gelben Schlüssel¬ 
blumen blühen im Frühjahre, die violetten Zeitlosen im Herbste, wenn die 
Wiesen schon abgemäht sind. Die Herbstzeitlosen sind giftige Pflanzen. 
Zunächst ist hier zu beachten, daß man den Kindern den Acker 
und die Wiese zusammen vorführt, nicht etwa zum Vergleich, sondern 
lediglich, um ihnen zu sagen, was da wächst; da könnte man ja auch 
noch den Garten und den Wald hinzu beschreiben! Betrachten wir 
uns nun das Stück genauer. Der Verfasser teilt es in sechs Teile 
ein (durch die Gedankenstriche und den Abschnitt), und in der Tat, 
das wäre auch Stoff für sechs Sprechstunden! Entweder bespreche 
man alles gründlich — und das würde hier die ganze Zeit einnehmen, 
die für Lesen angesetzt ist, man käme also nicht zum Lesen —, oder 
man bespreche nichts — und das wäre ein pädagogischer Unsinn. 
Also bleibt uns nichts anderes übrig, als solche Stücke beschreibenden 
Inhaltes, die zu viel bieten wollen, zurückzuweisen. Um wieviel 
praktischer wäre es doch im vorliegenden Falle, mit den Kindern auf 
die Wiese zu gehen, sich mit ihnen über das, was sie sehen, zu unter¬ 
halten, und dann in der Schule ein Stückchen zu lesen, das eine 
Erzähluug bietet, die mit der Wiese in enger Beziehung steht! Das 
beschreibende Lesestück hat bei den Kleinen durchaus nicht den Zweck, 
durch sich selbst zu lehren, es soll vielmehr als Ergebnis der voraus¬ 
gegangenen Besprechung behandelt werden. Als solches wird das 
Stück dann fleißig gelesen und kann auch gründlich für die orthographischen 
rc. Übungen ausgenutzt werden. 
Daß bei der Auswahl der Lesestücke auch noch andere Gesichtspunkte 
zu beachten sind, z. B. die Zeit, wann dieselben gelesen werden, die 
Berücksichtigung der verschiedenen Arten rc., sei nur nebenbei erwähnt.
	        
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