Full text: [Teil 3 = 6., 7. u. 8. Schulj] (Teil 3 = 6., 7. u. 8. Schulj)

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Götz, die sogar den Namen ihres Vorbildes trägt, und an die kluge, 
verständige Löwenwirtin in „Hermann und Dorothea". Auch andere 
jüngere weibliche Wesen in Goethes Dichtungen denken und handeln, 
wie die Dichtermutter unter gleichen Umständen gedacht und gehandelt 
haben würde. 
Überschaut man das Leben von Frau Rat Goethe, so möchte man 
im ersten Augenblick annehmen, es habe sich allzeit ein heiterer, sonniger 
Himmel darüber gewölbt. Allein auch ihr sind schwere Prüfungen nicht 
erspart geblieben, auch sie hat sich häufig „durch Wolken und Uebel 
einen weg suchen müssen". Doch gerade in den ernstesten Lagen be¬ 
wies die wackere Frau ihre ganze Seelenstärke. Indem sie alles, was 
geschah, auf unmittelbare göttliche Einwirkung zurückführte, „verlernte 
sie in der Trübsal zu knurren und zu murren, ging sie um den Stein 
herum, wenn sie ihn nicht aus dem weg zu schaffen vermochte". Ihr 
Gemüt blieb heiter und aufgeräumt bis in ihre letzten Lebenstage; 
selbst die Beschwerden des Alters und die schmerzhaftesten Leiden konnten 
ihrem Gleichmut nichts anhaben. 
„Alte Uätin", sagte sie zu sich, „hast gute Tage genug gehabt in 
der Welt und den Wolfgang dazu; wenn die bösen kommen, mußt du 
auch fürlieb nehmen und kein so übel Gesicht dazu machen." So sah 
sie mutig den Tod herannahen, noch in den letzten Stunden mit der 
genauesten Anordnung ihres Leichenbegängnisses beschäftigt, bei dem ein 
guter wein getrunken werden und niemand zu kurz kommen sollte. 
Am 13. September 1808 starb Goethes Mutter. Kurz zuvor hatte 
sie bei einem Rückblick auf ihr Leben noch geäußert, daß sie Summa 
Summarum eine glückliche Frau gewesen sei, was man ihr gewiß 
glauben darf, wer Frau Rat Goethe heute noch ganz kennen lernen 
will, der lese ihre Briefe. Sie spiegeln ihr ursprüngliches liebes Wesen 
treulich wieder und sind außerdem eigenartige Zeugnisse einer gesunden 
Lebensauffassung und eine Fundgrube köstlicher volkstümlicher Aus¬ 
sprüche. 
7. Abscliiedsworte eines Vaters an seinen Sohn. 
Julius Sturm. 
Das Buch für meine Kinder. Leipzig 1880. S. 157. 
1. Du wanderst in die Welt hinaus 
auf dir noch fremden Wegen, 
doch folgt dir aus dem stillen Haus 
der treusten Liebe Segen.
	        
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