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§ 64.
Karl erobert das langoöardische Weich.
Im langobardischen Reiche herrschte König Desiderius. dessen Tochter
Karl zur Gemahlin genommen, aber aus schon damals unbekannten Grün-
den nach einem Jahre wieder zurückgeschickt hatte. Dasür suchte sich De-
siderius zu rächen. Er trat für die beiden Söhne Karlmanns auf, die sich
mit ihrer Mutter an feinem Hofe befanden und suchte den Papst Hadrian
zu bestimmen, daß er dieselben zu fränkischen Königen salbe. Der Papst
aber weigerte sich, uud deshalb stel Desiderius in die Länder ein, welche
Pippin dem Papste geschenkt hatte. In dieser Bedrängnis wandte sich der
Papst an seinen mächtigen Freund Karl und bat ihn um Hülfe. Da De¬
siderius auf die Forderung Karls die Feindseligkeiten nicht einstellte, so zog
Karl mit zwei Heeren nach Italien unb schloß den Langobardenkönig in
seiner Hauptstadt ein. Während sein Heer vor Pavia stand, begab sich
Karl zur Feier des Osterfestes nach Rom. Die Geistlichkeit, das ganze
Volk ging ihm im feierlichen Zuge entgegen. Unter dem freudigen Zurufe
des Volkes: „Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn!" zog er
in die entzückte Stadt ein. In der Vorhalle der Peterskirche empfing ihn
der heilige Vater, umarmte und küßte ihn und führte ihn hinab in die
Gruft der hl. Apostel Petrus und Paulus, wo beide einander treue Freund-
fchaft gelobten. Karl bestätigte auch die Schenkung, die sein Vater der
römischen Kirche gemacht hatte.
Darauf kehrte Karl nach Paöia zurück und zwang die Stadt nach
fechsmonatlicher Belageruug zur Übergabe. Desiderius wurde gefangen
nach dem Kloster Corvey geführt, wo er fein Leben beschloß. Karl aber
ließ sich in Pabia von den Langobarden huldigen und nahm den Titel
„König der Franken und Langobarden" an. Die letzteren behielten jedoch
ihr eigenes Recht uud ihre Gesetze.
§ 65.
Karls fernere Kriege gegen die Sachsen.
Karl war noch in Italien mit der Ordnung der dortigen Angelegen-
heiten beschäftigt, als er die Nachricht erhielt, daß die Sachsen sich empört
hätten. Sie waren unter ihrem Anführer Widukind verwüstend in das
fränkische Gebiet eingefallen. Eiligst zog Karl aus Italien dorthin, und
seine bloße Erscheinung dämpfte schon die Empörung. Da aber seine An-
Wesenheit in Italien dringend nötig war, so mußte er sich mit unzuverläs¬
sigen, erzwungenen Versicherungen des Gehorsams und der Unterwerfung
und mit einer Anzahl Geiseln begnügen. Als bei Karls Abwesenheit im
folgenden Jahre wieder eine Empörung ausbrach, stillte feilt rasches Er-