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3. Allzufrüh und fern der Heimat mußten hier sie ihn begraben,
während noch die Jugendlocken seine Schulter blond umgaben.
4. Und am Ufer des Busento reihten sie sich um die Wette;
um die Strömung abzuleiten, gruben sie ein frisches Bette.
5. In der wogenleeren Höhlung wühlten sie empor die Erde,
senkten tief hinein den Leichnam mit der Rüstung auf dem Pferde.
6. Deckten dann mit Erde wieder ihn und seine stolze Habe,
daß die hohen Stromgewächse wüchsen aus dem Heldengrabe.
7. Abgelenkt zum zweiten Male, ward der Fluß herbeigezogen;
mächtig in ihr altes Bette schäumten die Busentowogen.
8. Und es sang ein Chor von Männern: „Schlaf in deinen Helden¬
ehren! Keines Römers schnöde Habsucht soll dir je dein Grab
versehren!"
9. Sängerss, und die Lobgesänge tönten fort im Gotenheere;
wälze sie, Busentowelle, wälze sie von Meer zu Meere!
164. Altdeutsche Kampfspiele.
Gustav Freytag.
Ungeduldig rüsteten die Jungen aus dem Rasengrund vor dem
Hofe des Thüringerfürsten Answald die Bahn zu kriegerischem Spiel.
Die Knaben des Dorfes begannen den Kampf, damit auch sie das Lob
der Krieger erwarben; sie rannten nach dem Ziel, sprangen über ein
Rotz und schossen mit dem Rohrpfeil nach der Stange. Bald aber ergriff
der Eifer die Jünglinge; sie warfen die Speere, sie schleuderten den
schweren Felsstein und sprangen ihm nach, und als Theodulf in mächtigem
Schwünge den schwersten Stein geworfen und den weitesten Sprung
getan, klafterweit über die anderen hinaus, da erscholl lautes Jauchzen
bis zur Halle. Und die Alten und Weisen des Volkes hielt es nicht
länger auf ihren Sitzen, auch sie eilten zur Schau auf den Rasen. Groß
wurde der Ring der Zuschauer, die Weiber des Dorfes standen in ihrem
Festschmuck, gesondert die Männer, und im Umkreis klang immer lauter
der Zuruf und das Lob der Sieger.
Unter den Schauenden stand Ingo, der Sohn des Vandalenkönigs,
und achtete schweigend auf die behende Kraft. Da trat zu ihm Jsanbart,
ein alter Häuptling des Gaues, betrachtete ihn prüfend und begann
feierlich, so datz die Rede der anderen verstummte: „Auch in deinem
Volke, Fremdling, woher du auch stammst, übt sich wohl der junge