Full text: Die neue Zeit (Theil 3)

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dem Wüthen des grausamen, erbarmungslosen Schlächters Boukmann ein 
Ende zu machen. Er drang in dessen Schlupfwinkel vor und hatte auf 
den Rath Toussaint's seine Anstalten so gut getroffen, daß dem Bösewicht 
kaum Zeit zum Entrinnen blieb, während seine Räuberbande zum größten 
Theil niedergemetzelt und gefangen genommen wurde. Kurze Zeit nachher 
wurde Boukmann mit dem Ueberreste seiner Genossen in der Nähe des 
Kap Francois geschlagen und getödtet. Er hatte sich bei den Weißen so 
verhaßt gemacht, daß sein Kopf ans eine Pike gesteckt und öffentlich ans 
dem Marktplatze der Kapstadt aufgepflanzt wurde, mit der Aufschrift: 
„Kopf Boukmann's, des Anführers der Rebellen." 
Biassou wurde jetzt einstimmig von den Schwarzen zum Oberhaupt 
des Heeres ausgerufen, welches sich bald ans die Zahl von 60,000 Mann 
belief, die er in der nördlichen Ebene von Hayti zusammengezogen hatte. 
Doch führte er den Oberbefehl nicht lange. Obgleich er unbezweiselte 
Talente besaß, so machte ihn doch sein Charakter für den hohen Posten, 
welchen er bekleidete, völlig unbrauchbar. Er wurde bald nicht minder 
grausam und blutdürstig, als Boukmann, und dieser Grausamkeiten wegen 
beraubte man ihn seiner Gewalt, die er auf schändliche Weise mißbrauchte. 
Kein anderer Neger war aber mehr geeignet, den erledigten Platz auszu¬ 
füllen, als Toussaint, der sich durch seine Mäßigung, wie durch sein großes 
Genie vor Allen hervorthat. Doch Toussaint entsagte freiwillig dem hohen 
Posten und überließ diesen-einem jungen stolzen Neger, Namens Jean 
Franoois, der sich durch einige glänzende Waffenthaten berühmt,gemacht 
hatte und wegen seiner Abkunft von einem afrikanischen Fürstenstamme einen 
großen Anhang unter seinen Landsleuten besaß. Auf solche Weise vermied 
der kluge und gemäßigte Toussaint einen inneren Zwiespalt, welcher der 
Sache der Befreiung von den Sklavenketten höchst verderblich hätte werden 
müssen. Jean Francois wußte die Weisheit Toussaint's bei seinen be¬ 
schränkten Geisteskräften nur unvollkommen zu würdigen und übergab ihm 
das Kommando einer Abtheilung der Armee, welcher er die wichtigsten 
Unternehmungen anvertraute. 
4. 
Der Ruf der Freiheit, der um diese Zeit mächtig an den Ufern der 
Seine erklang, drang bis zu den Inseln Westindiens und hallte besonders 
wieder^auf St. Domingo, oder, wie wir die Insel jetzt nennen, auf Hayti. 
Die Spanier wollten diese Insel den Franzosen abtrünnig machen und 
riefen die Neger unter ihre Fahnen. Toussaint rieth ab, doch vergeblich; 
die Versprechungen, welche die Spanier machten, waren für die Schwarzen 
allzu lockend. Jean Francois wurde zum Ritter und spanischen General¬ 
lieutenant, Toussaint zum Obersten ernannt und nun der Krieg gegen die 
französischen Pflanzer mit erneuerter Grausamkeit fortgesetzt. Toussaint 
war ohne Zweifel der fähigste Kopf in der Negerarmee, aber auch der 
beste Mensch. Der spanische Marquis Hermona schätzte ihn so überhoch, 
daß er von ihm sagte: „Der Allmächtige selbst, wenn er vom Himmel
	        
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