Full text: Illustriertes Realienbuch

Armut geloben. Ihr erstes Hospital hatten Kaufleute aus Italien in der Nähe 
des hl. Grabes gebaut. Nach Verlust des hl. Landes siedelten sie nach Rhodus 
und Malta (Malteser) über. — Der Templerorden ist von 9 französischen 
Rittern gestiftet und hatte sein Ordenshaus auf der Stätte des salomonischen 
Tempels. Die Ritter waren an weißen Mänteln mit roten Kreuzen kenntlich. 
Sie hatten außer Gehorsam, Keuschheit und Armut auch noch Waffenschutz den 
Pilgern gelobt. Der Orden kam später zu großem Reichtum und artete aus. 
Philipp der Schöne lockte ihn nach Frankreich, ließ ihn vom Papste aufheben, 
verbrannte den letzten Ordensmeister und eignete sich die Schätze an. — Die 
Ritter des deutschen Ordens trugen ein schwarzes Kreuz aus dem weißen 
Mantel. Sie wurden später nach Preußen gerufen und machten das heidnische, 
wilde Land durch Schwert, Wort und Pflugschar zu einem christlichen unb 
deutschen. Der Hochmeister hatte seinen Sitz in der prächtigen Marienburg 
an der Nogat. Die Macht des Ordens verfiel, als er von seiner Einfachheit und 
Sittenstrenge abwich. Preußen wurde 1525 ein weltliches Herzogtum unter 
Albrecht I. von Brandenburg. 
2. Das Bürgertum. Anfänglich wollten sich die Bewohner des platten 
Landes nicht zwischen den Mauern der Städte „lebendig begraben." Doch mehr 
und mehr entstand ein großer Zudrang dahin, als man sah, wie sicher und gut 
man da lebte, unb wie alle Werke des Friedens gediehen. Die einzelnen Gewerke 
schlossen sich zu Zünften zusammen und suchten ihre Erzeugnisse immer mehr 
zu vervollkommnen. Auf den Märkten flössen die Produkte von Stadt und Land 
zusamnien, und es entstand ein reger Austausch. Die Seestädte holten Waren 
aus fremden Ländern und beförderten sie auf bestimmten Landstraßen bis in das 
Herz des Erdteils. So trugen Saumtiere die Schätze des Morgenlandes aus 
Venedig, and Genua durch die Alpeupässe «ach Augsburg und Nürnberg. 
Von diesen Pulsadern des Verkehrs lief ein Netz von Handelsweaen nach den 
Städten Mittel- und Norddeutschlauds. Mit Handel und Gewerbe wuchs die 
Macht der Städte. Da sie häufig die Fürsten mit Geld und Truppen unter¬ 
stützten, so erhielten sie dafür Rechte und Freiheiten. Um sich gegen die Naub- 
ritter zu sichern und die Land- und Wasserwege gangbar zu erhalten, schlossen sie 
Städtebündnisse. Am berühmtesten ist die nordische Hansa mit Lübeck als 
Haupt. Die Fäden dieses gewaltigen Bundes liefen von London in England 
bis Nowgorod in Rußland, von Bergen in Norwegen bis Brügge in 
Flandern. Fürsten bewarben sich um ihre Gunst, unb Könige mußten die über¬ 
legene Macht der Krämer fühlen. Die Bürger Augsburgs kamen Fürsten 
an Reichtum und Pracht gleich. Nürnbergs Bürger wohnten besser als die 
Könige Schottlands, und Danzigs Bürgermeister erklärte dem Dänenkönige 
den Krieg. Der Lurus nahm so zu, daß ihm durch strenge Gesetze gesteuert 
werden mußte. Die Hansa verfiel nach der Entdeckung Amerikas. — Traurig 
war das Los der Bauern. Entweder waren sie leibeigene Knechte auf der 
Scholle ihrer Gutsherren oder kleine Bodennutznießer, die zahllose Frondienste 
mit Hand und Spanne leisten, Zins, Lehn, Schoß und Zoll geben mußten. Für 
ihre Bildung geschah gar nichts. 
3. Das Kirchentum. Der Geist des Christentums hatte sich immer inniger 
mit dem deutschen Wesen vermählt. Die Kirche ward Hüterin der Sitte, 
Schützerin der Bedrängten und Pflegerin der Bildung. Doch Weltliches mischte 
sich mit Geistlichem. Die Päpste führten lange und bittere Kämpfe mit den 
Kaisern um die Oberherrschaft. In diesen Kämpfen litt das kirchliche Leben oft 
durch das Interdikt. Die Kirchen wurden geschlossen; der Gottesdienst hörte 
aus; keine Glocke durfte läuten; kein Ehebund wurde kirchlich eingesegnet; die
	        
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