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122. UNenjahrslied.
Johann Peter Hebel. Sämtl. Werte. 2. Vand. Karlsruhe, 1838.
1. Mit der Freude zieht der Schmerz 3.War's nicht so im alten Jahr?
Traulich durch die Zeiten, Wird's im neuen enden?
Schwere Stürme, milde Weste, Sonnen wallen auf und nieder,
Bange Sorgen, frohe Feste Wolken gehn und kommen wieder,
Wandeln sich zur Seiten. Und kein Wunsch wird's wenden.
2. Und wo eine Thräne fällt,
Blüht auch eine Rose.
Schön gemischt, noch eh' wir's bitten,
Ist für Throne und für Hütten
Schmerz und Lust im Lose.
4. Gebe denn, der über uns
Wägt mit rechter Wage,
Jedem Sinn für seine Freuden,
Jedem Mut für seine Leiden
In die neuen Tage.
5. Jedem auf des Lebens Pfad
Einen Freund zur Seite,
Ein zufriedenes Gemüte,
Und zu stiller Herzensgüte
Hoffnung ins Geleite.
123. Der Kampf Karls des Großen gegen die Mauren und
Rolands TCod.
Onno Klopp. Geschichten, charakteristische Züge und Sagen der deutschen Volksstämme ꝛc.
1. Teil. Leipzig, 1851.
Als der König Karl im Jahre 777 zu Paderbrunn einen Reichstag
hielt, kamen Boten zu ihm von einigen Mauren aus Spanien und stellten
ihm vor, daß Zwietracht das Reich der Araber zerwühle, und daß es
ihm deshalb wohl gelingen würde, wenn er die Gelegenheit benutzen wollte,
auch dies Reich sich unterthan zu machen. Der König Karl aber war
immer begierig, wo sich ihm eine Gelegenheit bot, seine Herrschaft zu
erweitern, und deshalb bot er die Franken auf zur Heeresfolge nach
Spanien. Mit ihm zog auch Roland, nach der Sage einer der wackersten
Helden des fränkischen Reiches. Bald unterwarfen sie sich das spanische
Land bis an den Ebro und nahmen Saragossa ein. Dies Land wurde
die spanische Mark genannt. Auf dem Rückwege des Heeres führte
Roland den Nachtrab; aber die Bergvölker der Pyrenäen, Basken ge—
nannt, umzingelten den Nachtrab und erschlugen alle Franken, mit ihnen
auch Roland, im Thale Ronceval.
So erzählt uns die Geschichte; aber die Sage hat sich damit nicht
begnügt, sondern zwei Jahrhunderte nachher erzählten die Mönche in dem
Kloster St. Denis in Frankreich also:
Nachdem der herrliche Kaiser Karl in jenen Tagen ganz Spanien
sich unterworfen und zum Glauben an Gott und seine heiligen Apostel
bekehrt hatte, zog er zurück und kam nach Pampelona und ruhte dort
einige Tage aus mit seinem ganzen Heere. In Saragossa aber waren
damals zwei sarazenische Könige, die Brüder Marsilies und Beligand,