Full text: Deutsches Lesebuch für höhere Mädchenschulen ([Teil 4, [Schülerband]])

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saßen ihr rasch wie Katzen auf dem Rücken und erreichten von hier 
aus nun leichter den rettenden Felsenvorsprung. Dies dauerte nur 
so lange, als der Jäger nötig hatte, um seinen letzten Schritt zu 
tun. Er tat ihn, sprang hinein, haschte nach den Kitzen, in deren 
Besitz er sich schon sicher glaubte, aber verschwunden war alles 
wie der Wind, und ein paar Schüsse, die er den Fliehenden 
nachsandte, machten durch ihr Echo allen umherliegenden Felsen⸗ 
wänden kund, daß er sie verfehlt habe. Johann Georg Kohl. 
— er e e — —— 
127. Der Alpenjäger. 
. Villst du nicht das Lãmmlein hũtenꝰ 
Lãmmlein ist so fromm und sanft, 
nährt sich von des Grases Blũten, 
spielend an des Baches Ranft. 
Autter, Mutter, lab mieh gehen, 
jagen nach des Berges Hõhenl⸗ 
2. Willst du nicht die Herde locken 
mit des Hornes munterm Klang? 
Lieblich tõnt der 8gchall der Glocken 
in des Waldes Lastgesang. 
„AMutter, UNutter, laß mich gebhen, 
schweifen auf den wilden Hõhenl 
3.Villst du nieht der Blũmlein warten, 
die im Beete freundlich stehn? 
Drauben ladet dieh kein Garten, 
wild ist's auf den wilden Höhn! 
„Lab die Blümlein, lab sio blũhen! 
Mutter, Mutter, lab mich ziehen! 
4. Und der Knabe ging zu jagen, 
und es treibt und reibt ihn fort, 
rastlos fort mit blindem Wagen 
an des Berges sfinstern Ort; 
vor ihm her mit Windesschnelle 
flüeht die zitternde Gazelle. 
5. Auf der Pelsen nackte Rippen 
Llettort sie mit leichtem Schwung, 
durch den Rib gespaltner Klüppen 
trãgt sis der gewagte Sprung; 
aber hinter ihr verwogen 
folgt er mit dem Todesbogen. 
46. Jetzo auf den schroffen Zinken 
hãngt sie, auf dem höcehsten Grat, 
wo die Pelsen jäh versinken 
* 
und verschwunden ist der Pfad, 
unter sich die steilo Höhe, 
hinter sich des Peindes Nähe. 
7. Mit des SJammers stummen Blicken 
fleht sie zu dem harten Mann, 
eht umsonst, denn loszudrücken 
legt er schon den Bogen an; 
plõtzlich aus der PFelsenspalte 
trift der Geist, deor Bergesalte. 
8. Und mit seinen Götterhänden 
gchützt er das gequãlte Lier. 
„AMubt L 
od 
und Jdammer 
send 
en,“ 
ruft ex, „bis herauf zu mir? 
Raum für alle hat die Erde; 
as verfolgst du meine Herde?““ 
Nriedrich v. Schiller.
	        
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