Full text: Gedichtsammlung für Lehrerseminare (Teil 4, [Schülerband])

Friedrich Hebbel. 
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s. Da ist er wieder! Aber auf der Flucht! 
Verfolgt von Häschern grimmig und verrucht. 
Er tötete den Vogt in raschem Zorn 
Und schüttete umsonst auf ihn sein Korn; 
Doch war's ein Glück für ihn: er eilt zum Heer; 
Man reiht ihn ein, und keiner straft ihn mehr. 
6. Nun Schlacht auf Schlacht, bis jene letzte kam, 
Die Rom den Herrn und mir den Führer nahm. 
Ich rächt' ihn, da erscholl ein Iubelschrei, 
Als ob er wieder auferstanden sei; 
Es galt mir selbst, und eh' ich's je geglaubt, 
Trug ich des Toten Krone auf dem Haupt. 
? Doch ging es jetzt nicht nächsten Wegs nach Haus; 
Ich matz vorher das Rund der Erde aus 
Und richtete die Adler wieder auf, 
Die man zertrümmert in der Zeiten Lauf, 
Und an der Schnur die Völker, dumpf und stumpf, 
Die das verbrochen, hielt ich den Triumph. 
8. Dort ihr Gewühl! Jedwedes Angesicht, 
Ein Sonnenabdruck dunkel oder licht, 
Wie sie die Zone färbte, schwarz geraucht, 
Und wie von Flammen rötlich angehaucht, 
So stieren sie zum Kapitol empor, 
Wo ich mich neige vor der Götter Chor. 
s Nun fünfzig Jahre auf dem Römerthron! 
Zwar anfangs noch im Kampf mit Trotz und Hohn, 
Doch immer siegreich, endlich ohne Feind, 
Die ganze Menschheit stumm und wie versteint, 
Rur Odem übrig für ein einzig Wort: 
Hoch Diocletian! Und ewig fort! 
io. Genug! Genug! Mein Iubeltag ist da; 
Die Völker ziehn herbei von fern und nah. 
Das Fest ist selten, das man feiern will, 
Doch ein noch seltneres bereit' ich still: 
Sie bieten mir die Welt zum zweitenmal, 
Ich weise sie zurück als leer und schal. 
ii Hier auf dem Markt leg' ich die Krone ab 
Und sorge nur noch für das Kaisergrab; 
Denn statt des Golves, das sie mir gebracht, 
Und statt der leuchtenden Iuwelenpracht 
Beding' ich mir als letztes Liebespfand 
Von einem jeden eine Hand voll Sand.
	        
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