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So schleicht der Schlaue dahin, vorsichtig, geduldig, ausdauernd, behend,
allezeit entschlossen: ein Meister über hundert Künste. Inzwischen kommen
ein paar junge Füchslein neben ihm zum Vorschein und beginnen allerhand
Fuchs mit Jungen.
Kurzweil. Sie haben das leise huschende Mäuslein erhorcht und im Wett—
sprung gefangen. Mit mutwilliger Lust werfen sie es einander zu, bis sie,
des Spielzeuges satt, es dem jüngsten überlassen. Nun gilt's, ein Vogelnest
zu spüren, eine Grasmücke zu beschleichen, den schlüpfrigen Frosch zu packen,
oder sie durchstöbern wohl ein Wespennest.
Da tritt auch die Mutter aus dem Erdgeschoß, und der alte Fuchs
macht sich auf. Gelassen schlendert er durch Busch und Kraut, er vermeidet
die Heerstraße und verliert sich gern in Riedgras, Korn und Hag. Die rosigste
Laune leuchtet aus seinem Angesicht; Gedanken und Bilder umschwirren ihn
wie ein lustiges Schneegestöber. Unterdessen ist Reineke am Rande der Wald—
15 wiese angekommen. Er lauscht.
dJetght knackt es in den Zweigen. Der Fuchs spitzt das Ohr, ein Pfeifen
läßt sich hören. Da tritt das Reh heraus, das Haupt keck emporgerichtet, die
Augen nach allen Seiten rollend. Wieder pfeift es, und in schlankem Sprunge
ist das Kälbchen der Alten zur Seite. Plötzlich hebt die Ricke den Kopf,
macht ein paar Sprünge und stampft zornig mit den Läufen. Es ist klar:
sie hat den Räuber gewittert. Der hat sich herangestohlen, sacht, sacht, das
Kitzlein unverrückt im Auge. Es gilt einen kühnen Griff. Er duckt sich nieder;
wie eine Katze schmiegt er sich an den Boden, hebt leise Fuß und Kopf zu