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Aus dem Leben der
machen noch bessere Beute, und einzelne fangen an einem reichen Wach-
teltage 500 — 700 Stück; ja Fänge von tausend Stück an einem Tage
sind nichts Unerhörtes. Der Herbstwachtelzug ist etwas spärlicher; da¬
für kommen die Feldlerchen zahlreich und werden oft zu 6 —10 Stück
auf einen Schuß erlegt. Neben diesen Vögeln aber verspeist der
Italiener auch alle übrigen mit Behagen, von den Falken, Reihern,
Möwen bis zu den Schwalben, Bachstelzen, Goldhähnchen hinunter,
und die einfältigsten Bauern sind eben so scharfäugige Späher und
gute Schützen, als leidenschaftliche Geflügelesser.
Infolge dieser Mordlust ist auch Italien, das Land der Musik,
des Gesanges, so äußerst arm an Singvögeln, ebenso der Kanton
Tessin, wo selbst die Sperlinge zur großen Seltenheit geworden sind.
Aus dem Tessin und dem Veltlin steigen die Vogelsteller bis an den
St. Gotthard hinauf, um die freundlichen Tierchen schon an der Grenze
mit den verräterischen Netzen zu einpfangen. Wie groß aber der Ver¬
lust an Zeit und Arbeitskräften für ein Land wie Italien ist, das in
so manchen Zweigen des Gewerbfleißes noch sehr zurücksteht, läßt sich
leicht ermesse»; und wie nachteilig das allgemeine und großartige
Würgergeschäft auf den Volkscharakter einwirken muß, erfährt man bald
genug, wenn man überhaupt die unmenschliche Behandlung der Tiere,
die in Italien überall zu finden ist, und daneben das blühende Ban¬
ditentum des Volkes ansieht. ^
59. Kinderlied von den grünen Sommervögeln.
Es kamen grüne Vögelein
geflogen her vom Himmel
und setzten sich im Sonnenschein,
in fröhlichem Gewimmel,
all’ an des Baumes Äste
und safsen da so feste,
als ob sie angewachsen sei’n.
Sie schaukelten in Lüften lau
auf ihren schwanken Zweigen;
sie afsen Licht und tranken Tau
und wollten auch nicht schweigen.