Object: [Teil 3 = Klasse 2 und 1, [Schülerband]] (Teil 3 = Klasse 2 und 1, [Schülerband])

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versehen hatte, in den Haaren ziehen wollte, ließ ihn los und schlief. 
Und der Wind legte sich, und auf den Bäumen vor dem Schloß regte 
sich kein Blättchen mehr. 
3. 
Rings um das Schloß aber begann eine Dornenhecke zu wachsen, 
die jedes Jahr höher ward und endlich das ganze Schloß umzog und 
darüber hinauswuchs, daß gar nichts mehr davon zu sehen war, selbst 
nicht die Fahne ans dem Dach. Es ging aber die Sage in dem Land 
von dem schönen schlafenden Dornröschen, denn so ward die Königstochter 
genannt, also daß von Zeit zu Zeit Königssöhne kamen und durch die 
Hecke in das Schloß dringen wollten. Es war aber alle Mühe ver¬ 
geblich; denn die Dornen, als hätten sie Hände, hielten fest zusammen, 
und die Jünglinge blieben darin hängen, konnten sich nicht wieder los¬ 
machen und starben eines jämmerlichen Todes. Nach langen, langen 
Jahren kam wieder einmal ein Königssohn in das Land und hörte, wie 
ein alter Mann von der Dornenhecke erzählte, es sollte ein Schloß 
dahinter stehen, in welchem eine wunderschöne Königstochter, Dornröschen 
genannt, schon seit hundert Jahren schliefe, und mit ihr schliefe der 
König und die Königin und der ganze Hofstaat. Er wußte auch von 
seinem Großvater, daß schon viele Königssöhne gekommen wären und 
versucht hätten, durch die Dornenhecke zu dringen, aber sie wären 
darin hängen geblieben und eines traurigen Todes gestorben. Da 
sprach der Jüngling: „Ich fürchte mich nicht, ich will hinaus und 
das schöne Dornröschen sehen." Der gute Alte riet ihm ab, aber er 
hörte nicht auf seine Worte. 
4. 
Nun waren aber gerade die hundert Jahre verstoßen, und der 
Tag war gekommen, wo Dornröschen wieder erwachen sollte. Als 
der Königssohn sich der Dornenhecke näherte, waren es lauter große, 
schöne Blumen, die taten sich von selbst auseinander und ließen ihn 
unbeschädigt hindurch, und hinter ihm taten sie sich wieder als eine Hecke 
zusammen. Im Schloßhof sah er die Pferde und scheckigen Jagdhunde 
liegen und schlafen, auf dem Dache saßen die Tauben und hatten das 
Köpfchen unter den Flügel gesteckt. Und als er ins Haus kam, schliefen 
die Fliegen an der Wand; der Koch in der Küche hielt noch die Hauch 
als wollte er den Jungen anpacken, und die Magd saß vor dem schwarzen 
Huhn, das sollte gerupft werden. Da ging er weiter und sah im Saale 
den ganzen Hofstaat liegen und schlafen, und oben bei dem Throne lag 
der König und die Königin. Da ging er noch weiter, und alles war so
	        
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