Full text: Zweites Lesebuch für die Oberstufe (Teil 6, [Schülerband])

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D. Arbeit und Erwerb. 
das Apothekergewerbe gründlich zu erlernen, nein, er wollte sogar die Kunst 
erfinden, aus unedlen Stoffen Gold zu machen. Wie viele andre Leute 
jener Zeit glaubte auch er, wenn man nur das richtige Rezept hätte, so 
ließe sich aus Blei, Kupfer und ähnlichen Stoffen das edle Metall herstellen; 
denn man wußte damals noch nicht, daß man das Gold wohl in der Erde 
finden, aber nicht aus andern Stoffen erzeugen könne. 
Sehr oft schloß sich Böttger des Nachts heimlich in die Apotheke ein, 
wo tags die heilsamen Tränkchen, Pulver und Salben angefertigt wurden, 
und ließ sich keine Mühe verdrießen, da verschiedene Dinge untereinander 
zu mengen. Man bemerkte sein nächtliches Arbeiten. Er erzählte wohl 
auch selbst von seinem Vorhaben, und so hieß es denn schließlich: „Böttger 
kann Gold machen!“ 
Das Gerucht kam auch vor den damaligen König von Preußen, 
Friedrich J. Dieser meinte, solche Leute könne er brauchen. Er schickte 
sogleich Soldaten aus, die Böttger festnehmen und in sichern Gewahrsam 
bringen sollten. Böttger erfuhr aber zu rechter Zeit den Plan und floh von 
Berlin nach Wittenberg, das damals noch zu Sachsen gehörte. Hier herrschte 
der Kurfürst August der Starke, welcher zu seinen glänzenden Festen 
und für seine prächtigen Bauwerke viel Geld brauchte. Ein Goldmacher 
kam ihm darum sehr gelegen. Er befahl, Böttger freundlich zu behandeln, 
ihn jedoch streng zu bewachen und keinen Menschen zu ihm zu lassen. In 
dunkler Nacht wurde Böttger nach Dresden gebracht. Er erhielt seine 
Wohnung im kurfürstlichen Schlosse, später auf der Festung Königsstein, wo 
er sich häuslich einrichtete. Er gab sich alle erdenkliche Mühe, um den 
Kurfürsten zu befriedigen; aber das ersehnte Gold konnte er nicht herbei⸗ 
schaffen. 
August der Starke hatte ihm nach und nach große Geldsummen zu 
seinen Versuchen gespendet und war nahe daran, die Geduld zu verlieren. 
Endlich, im Jahre 1704, erfand Böttger zwar nicht das Goldmachen, aber 
etwas, was Goldes wert war, das Porzellan. Als der Kurfürst eines 
Tages zu ihm kam, hatte er aus Ton und andern Stoffen in seinem Ofen 
Schüsseln, Teller und andre Gefäße gebrannt, die an Härte und schönem 
Glanze dem berühmten Porzellan ganz ähnlich waren, welches bis dahin 
nur in dem weit entfernten China gefertigt wurde und einen sehr hohen 
Wert hatte. 
Der Kurfürst war ganz entzückt über die Erfindung. Er gewährte 
Böttger große Vergünstigungen und richtete im Jahre 1710 auf der 
Albrechtsburg in Meißen die erste Porzellanfabrik ein. 
Uach Muktersprache C. II.
	        
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