Full text: Angewandte Geschichte

Staatsformen und Staatsverfassungen. 
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Die Verfassung der Republik (1848—1851) und des zweiten 
Kaiserreichs (1851—1870) brachte das allgemeine gleiche Wahlrecht. 
Daneben hat Napoleon III. mehrmals (1851. 1852. 1870) direkte 
Volksabstimmungen über eine einzelne Frage herbeigeführt (,Plebiszite'). 
1870 wurde nach der Schlacht bei Sedan das zweite Kaiserreich 
gestürzt, und seitdem ist Frankreich Republik. Nach den Ver- 
fassungsgesetzen von 1875 und 1884 steht an der Spitze ein auf 
7 Jahre von den vereinigten beiden Kammern gewählter Präsident. 
Die beiden Kammern sind: 
der Senat (Oberhaus), dessen 300 Mitglieder von Abgeordneten, 
Generalräten, Arrondissementsräten und Delegierten der Gemeinden, 
der Departements, der Kolonien auf 9 Jahre gewählt werden; 
die aus 577 Mitgliedern^) bestehende Deputiertenkammer, 
gewählt auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen 
Stimmrechts, ausgeübt von jedem Franzosen, der 21 Jahre alt ist 
und sich im Vollbesitz der bürgerlichen Rechte befindet. Die Deputierten 
erhalten 15 000 Franks Diäten. 
3. 
Deutschland. 
In Deutschland hat der monarchische Gedanke besonders starke 
Wurzeln. Das mag zum Teil in dem Charakter der Deutschen be- 
gründet sein; aber vor allem ist die vorbildliche Regententätigkeit der 
Hohenzollern schuld daran, daß die monarchische Versassungssorm uns 
als die beste erscheint. 
Doch ist auch die deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts bis 
zur Gegenwart voll von Versassungskämpsen. 
a) Bis 1848. 
Als in den Jahren 1803—1807 nicht nur das alte deutsche Reich, 
sondern auch die beiden deutschen Großmächte, Österreich und Preußen, 
zusammengebrochen waren, da drang die Erkenntnis durch, daß die 
Staaten auf ganz neuer Grundlage aufgebaut werden müßten. „Es 
erwachte eine neue lebendige Anschauung vom Staate, die in der 
freien Entfaltung der persönlichen Kräfte den sittlichen Halt 
der Nationen fah"2). 
1) Die Zahl ist nicht feststehend. Vor jeder Wahl werden die Wahlbezirke 
den Bevölkerungsverhältnissen neu angepaßt. 
2) Treitschke „Deutsche Geschichte" I S. 269.
	        
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