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Soweit die Reichsgewalt nicht dem Kaiser übertragen ist, 
steht sie den verbündeten Regierungen zu; diese üben die Ge¬ 
walt aus durch den Bundesrat, der sich aus 58 Ver¬ 
tretern der einzelnen Staaten zusammensetzt, und zwar fallen 
auf Preußen 17, auf Bayern 6, auf Sachsen und Württem¬ 
berg je 4, auf Baden und Hessen je 3, auf Mecklenburg- 
Schwerin und Braunschweig je 2 und auf alle anderen 
Staaten je eine Stimme. Das Fürstentum W a l d e ck wird, 
da es 1867 durch Staatsvertrag in preußische Verwaltung 
übergegangen, von Preußen vertreten, so daß Preußen tatsäch¬ 
lich 18 Stimmen hat. Elsaß-Lothringen ist nicht im 
Bundesrat vertreten. Die Verteilung der Stimmen erfolgte so, 
daß die kleinen Staaten günstiger gestellt wurden, als die 
großen; so beschränkte sich Preußen auf die Hälfte der Stimmen, 
die es mit seinen 37,3 Mill. Einwohnern beanspruchen könnte, 
wenn man lediglich nach der Volkszahl die Verteilung vorge¬ 
nommen hätte. — Bei allen Abstimmungen sind die Bevoll¬ 
mächtigten an die Instruktionen (Weisungen) ihrer Regierung 
gebunden, so daß die Vertreter eines Staates immer einheitlich 
stimmen. — Der Bundesrat tagt gewöhnlich mit dem Reichs¬ 
tag gleichzeitig. Aber der Bundesrat kann auch 
ohne den Reichstag tagen, wie es z. B. im Jahre 
1905 geschah, als die Reichsregierung ihm über den drohenden 
Konflikt mit Frankreich in der Marokko-Angelegenheit eine 
Aufklärung zu geben beabsichtigte. Der Bundesrat muß ein¬ 
berufen werden, wenn ein Drittel der Stimmen (20) es fordert. 
Den Vorsitz führt Preußen in der Person des Reichs¬ 
kanzlers, der als preußischer Bevollmächtigter gilt. Stellver¬ 
tretender Vorsitzender ist der Bevollmächtigte Bayerns. Preußen 
gibt bei Stimmengleichheit den Ausschlag für oder wider. 
Gegen die Stimmen Preußens können bestehende Zustände rm 
Militär-, Gerichts-, Zoll- und Steuerwesen nicht verändert 
werden. (Preußisches Veto = Vertretungsrecht.) 
Die Minister der einzelnen Staaten sind für die Weisungen, 
die den Bundesbevollmächtigten erteilt werden, verantwortlich, 
so daß die Reichsangelegenheiten oft auch die
	        
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