113
holenden Aufläufe und Zusammenrottungen des Pariser Pöbels drang
zuletzt ein Haufe, unter dem sich zahlreiche entlaufene Sträflinge be⸗
fanden, in den königlichen Palast, so daß Ludwig XVI, um den ärgsten
Mißhandlungen zu entgehen, sich mit seiner Familie in den Sitzungs⸗
saal der gesetzgebenden Versammlung (diesen geänderten Namen trug
das neugewählte französische Parlament) flüchten mußte; von hier aus
wurde er aber mit seiner Familie in den Temple geschleppt und da—
selbst förmlich eingekerker.
Als bald darauf durch neue Wahlen eine neue Volksvertretung,
der Nationalconvent genannt, zusammentrat, schaffte dieser das König⸗
thum ab und erklärte Frankreich für eine Republik. Die Jakobiner
setzten nun alles in Bewegung, um den Convent zu bestimmen, gegen
den König den Proceß einzuleiten und sahen sich bald am Ziele ihrer
Wünsche. Am 11. Dezember 1792 wurde Ludwig vor die Schranken
des Convents berufen, er beantwortete alle an ihn gestellten Fragen,
oertheidigte sich mit ruhiger Würde gegen die zahlreichen Anschuldi—
zungen, fo daß selbst die rohe und feindlich gefinnte Zuhörerschaft auf
den Galerien ihm ihre Achtung nicht versagen konnte. Aber weder
seine Worte noch die seiner Vertheidiger vermochten die Blutgier des
Convents zu zaͤhmen, dieser erkannte den König schuldig der ihm
zur Last gelegten Verbrechen und beschloß, allerdings nur mit einer
Majorität von einer einzigen Stimme, die sofortige Hinrichtung des⸗
selben. Für die Hinrichtung selbst wurde der 20. Januar 1793 bestimmt,
Tags vorher nahm der König Abschied von seiner Frau, seinen Kindern
und seiner Schwester. Alle fielen dem Könige um den Hals und viele
Minuten vergiengen unter Schweigen und Weinen. Zuletzt gab ihnen
der König beim Abschied das Versprechen, sie am nächsten Morgen
wiederzusehen, bevor er zur Hinrichtung geführt werden würde. Als
er aber in sein Zimmer zurückkehrte, fühlte er sich zu schwach zur noch⸗
maligen Wiederholung dieser herzzerreißenden Scene und er rief aus:
—D—
Nachdem er einige Stunden geschlafen, stand er am folgenden
Morgen um 5 Uhr auf, nahm das Abendmal, gab seinem Diener
seinen Trauring und einige Haare als Andenken für seine Gemahlin
und bat ihn, die Seinigen darüber zu trösten, daß er sie nicht mehr
gesehen. Dann bestieg er den Wagen, der ihn durch eine unüberseh—
hare Volksmenge zum Hinrichtungsplatze führte, und hier fiel sein
Haupt unter dem Messer der Guillotine. Tausende drängten sich
herbei, um den Leichnam zu sehen, viele tauchten ihre Schnupftücher
in das vergossene Blut, um ein theures Andenken zu besitzen, und
Gindel y: Erzählungen aus der allg. Geschichte.