174 Das römische Kaisertum. Von Augustus bis Romulus Augustulus.
brachten über die Provinzen und Italien die Schrecken des Krieges:
Verwüstung, Raub, Erpressung, so daß sowohl die Bevölkerung als der
Wohlstand des Reiches mit jedem einheimischen Kriege abnehmen mußte.
Solche Kriege ermunterten die auswärtigen Feinde zu Angriffen auf das
geschwächte Reich; die Neuperser fielen in die asiatischen Provinzen ein,
die Germanen in die europäischen, und wenn sie auch wieder vertrieben
wurden, so hatten sie doch vorher ungeheuren Schaden angerichtet. Wegen
der wachsenden Gefahr durch die auswärtigen Feinde mußten die Heere
verstärkt werden; daher vergrößerten sich die Kosten. Überdies verlangten
die Soldaten bessere Verpflegung und höheren Sold, und weil sie Herren
im Reiche waren, mußte ihnen jede Forderung verwilligt werden. Ob-
gleich nicht alle Kaiser Verschwender oder schlechte Staatshaushalter waren,
so kostete doch der kaiserliche Hof jährlich ungeheure Summen, die Staats-
beamten mußten gleichfalls bezahlt werden; daher wurden die Steuern
erhöht, obwohl das Reich mehr und mehr verarmte, und dem Übel
wurde dadurch nicht abgeholfen, daß die Münzen mit geringerem Fein¬
gehalte geprägt wurden.
Die Hoten.
§ 30. Unter den germanischen Völkern waren die Goten dem
römischen Reiche am gefährlichsten. Sie waren in die zwei Hauptstämme
der Ostgoten (Gmttungert, Grutungeu) und der Westgoten (Visi-
goten, Therwingen) geteilt und hatten sich vom Baltischen Meere
und der unteren Weichsel bis an die untere Donau und das Schwarze
Meer ausgebreitet. Sie fielen in Mosten und Thrakien ein, als Kaiser
Philippus Arabs (248) die 1000jährige Gründungsfeier der Stadt
Rom festlich begehen ließ, und die Wahrsager verkündeten, in nicht
ferner Zukunft werde das Reich in neuem Glänze strahlen. Allein das
folgende Jahr wurde der Feldherr Decius von den Soldaten zum
Kaiser ausgerufen, Philippus in einer Schlacht bei Verona getötet;
Decius erneuerte die allgemeine Christenverfolgung, fand aber mit seinem
Sohne (251) den Tod in einer Schlacht gegen die Goten. Bald dar-
auf stiegen die Goten in ganzen Schwärmen zu Schiffe, verheerten in
drei Seezügen die Küsten Kleinasiens und Griechenlands und plünderten
Athen, ohne die Stadt jedoch zu zerstören. Kaiser Claudius IL, ein
gewaltiger Krieger, brachte ihnen bei Naissus (jetzt Nissa in Serbien)
eine furchtbare Niederlage bei, starb aber an einer Seuche, welche in
beiden Heeren wütete (270). Sein Nachfolger Aurelianus (270—275)
übertraf ihn noch an kriegerischem Mut, aber er war von so vielen
Feinden bedrängt, daß er mit den Goten Frieden schloß und ihnen
Dacien einräumte; sie versprachen dagegen, die Reichsgrenze nicht zu