Friedrich der Große.
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Österreich und Anerkennung damit auch einer ebenbürtigen Stellung Preußens
im Reiche." (Lamprecht.) *)
V. Preußens Grohmachtftellung.
Nach Beendigung der Kämpfe um den Besitz Schlesiens wußte
die Staatskunst Friedrichs des Großen die schwer errungene Gro߬
machtstellung Preußens zu sichern und zu verstärken.
1. Gegen die ständige Bedrohung seines Staates durch das noch immer
unversöhnte Österreich gewann er durch ein Bündnis mit Rußland einen
schützenden Rückhalt.
a. Da Österreich seine freundschaftlichen Beziehungen zu Frankreich auch
nach dem Hubertusburger Frieden festhielt, ergab sich für Friedrich in An¬
betracht der Unzuverlässigkeit der englischen Bundesgenossenschaft die Not¬
wendigkeit, in Rußland einen Garanten seiner Machtstellung zu suchen.
b. Katharina II. aber bedurfte für die Verwirklichung ihrer Eroberungs¬
pläne in Polen und in der Türkei ebenfalls eines starken Bundesgenossen,
und da es ihr nicht gelang, ein Einverständnis mit Österreich oder Frankreich
zu erzielen, wurde eine Verständigung mit Preußen durch ihr eigenes Inter¬
esse geboten.
6. Die Veranlassung zum Abschlüsse eines russisch-preußischen Bündnisses
wurde 1763 durch die Erledigung des polnischen Thrones gegeben.
Rußland wollte die Wahl eines Günstlings Katharinas (Poniatowskis) durch¬
setzen, die ihm die Erhaltung der alten polnischen Anarchie zu gewährleisten
schien. Da nun Katharina die Gegnerschaft Österreichs und Frankreichs be¬
fürchtete, schloß sie (14. April 1764) ein Bündnis mit Preußen ab, in
welchem sich beide Mächte ihren Besitzstand gewährleisteten und sich für den
Kriegsfall Truppenhilfe oder Subsidienzahlung versprachen. Friedrich ver¬
pflichtete sich außerdem, die Wahl Poniatowskis zu begünstigen.
d. Friedrich hatte somit die gewünschte Garantie seines schlesischen Be¬
sitzes durch Rußland erlangt und hielt für die Zukunft, alle Versuche Öster¬
reichs und Frankreichs, ihn von Rußland zu trennen, abweisend, an dem
russischen Bündnis fest. (1769 wurde das Bündnis erneuert und bis
1788 verlängert.)
2. Die nach dem Regierungsantritte Josephs II. beiderseits erstrebte
Annäherung Österreichs und Preußens führte zu keinem festen Ergebnis.
a. Hatte sich Maria Theresias Haß gegen Friedrich schon durch den
versöhnenden Einfluß ihres Gemahls zu mildern begonnen, so begünstigte die
begeisterte Verehrung, die Joseph II. dem großen Gegner zollte, eine
Versöhnung der feindlichen Mächte noch mehr.
b. Beide Staaten sahen sich durch das unersättliche Umsichgreifen
Rußlands bedroht, und Friedrich dem Großen erschien das Übergewicht seines
Bundesgenossen schon längst bedenklich.
c. Trotzdem führte die zweimalige Zusammenkunft des Königs mit
Joseph II. (in Neiße und in Mährisch-Neustadt) zu keinem positiven Ergebnis,
weil sich vor allem die Gegensätze der beiden deutschen Staaten in
ihrem Verhältnis zum Reich nicht beseitigen ließen.
x) Genaueres über den Verlauf des Siebenjährigen Krieges bei Koser a. a. O. II. Bd.
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