Full text: Bilder aus der Weltgeschichte

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An dem Kriege aber handelnd Theil zu nehmen war ihm nicht ver¬ 
gönnt, indem die Regierung in Wiirtemberg an dem Bündnisse mit Napo¬ 
leon auch noch nach der Schlacht bei Leipzig im Geheimen festhielt und 
jede Regung des Volksgeistes unterdrückte. Wohl aber nahm er thätigen 
Antheil an der Feststellung des Rechts in seinem Heimatslande, und der 
Muth und die Selbstverleugnung, welche er dabei zeigte, sind nicht minder 
des Kranzes würdig, als das Heldenthum auf dem Schlachtgefilde. Nach¬ 
dem -.er nämlich in Stuttgart sich als Advocat niedergelassen (hatte, wurde 
er 1819, durch seine vaterländischen Gedichte und durch einige Aufsätze 
politischen Inhalts bekannt geworden, als Abgeordneter in die Ständever¬ 
sammlung Würtembergs gewählt. Als solcher erfüllte er seine Pflichten 
wie immer sehr gewissenhaft, so daß er selbst an_ seinem Hochzeitstage erst 
den Versammlungen beiwohnte und, da die Abstimmung sich in die Länge 
zog, Braut und Gäste warten ließ, bis auch er seine Stimme abgegeben 
hatte. , 
Die Verbindung mit Emilie Bischer, Tochter einer sehr angesehe¬ 
nen Familie Stuttgarts, war für ihn die Quelle reinsten Glücks. Dagegen 
gewährte ihm sein Beruf als Advocat nicht die rechte Befriedigung, und auch 
das parlamentarische Wirken entsprach seiner geistigen Eigenthümlichkeit nur 
ungenügend. So kam es denn, daß er, nachdem zuletzt 1817 sein Drama 
»Herzog Ernst" und im folgenden Jahre „Ludwig der Bayer" erschienen 
war, viele Jahre hindurch fast ganz vom poetischen Schaffen ruhete. 
Nach der ersten Periode landständischer Wirksamkeit beschäftigte sich 
Uhland mit altdeutscher Literatur und wurde 1829 auf Antrag des 
Senats der Tübinger Universität zum Professor der deutschen Sprache und 
Literatur ernannt, womit ihm ein Lieblingswunsch erfüllt wurde. Der Jubel 
der Studirenden darüber war groß, und Uhl and entsprach nicht nur ihren 
Erwartungen, er übertraf dieselben fogar; denn was er den Zuhörern bot, 
war die Frucht langjähriger Forschungen. Nun erschienen auch wieder 
mehrere neue Dichtungen von ihm, worunter einige seiner vollendetsten waren, 
wie „Der Waller" — „Bertran de Born" rc. Doch da er 1831 abermals zum 
Abgeordneten gewählt wurde und man ihm den Urlaub dazu hohem Orts 
versagte, opferte er seine Stellung, nach der er sich lange gesehnt und in 
der er volle Befriedigung gefunden, seinen Pflichten, die ihm als Staatsbür¬ 
ger oblagen, und so stand er als ein Ritter ohne Furcht und Tadel aber¬ 
mals auf dem parlamentarischen Kampfplatze und verblieb auf demselben 
bis 1838. 
Dann nahm er keine Wahl wieder an, sondern lebte fortan seinen 
Lieblingsstudien in Tübingen, wohin später sein alter Jugendfreund, der 
Dichter Mayer, versetzt wurde und wo er den Dichter Gustav Schwab, 
der Landpfarrer war, in seiner Nähe hatte. Mit diesen Freunden, sowie 
mit einigen Professoren der Universität stand er im regen wissenschaftlichen 
und gesellschaftlichen Verkehr, ihnen gegenüber war der sonst schweigsame 
Mann lebendig und mittheilsam. Häufig unternahm er Reisen in die 
deutschen Lande und in die nahe Schweiz; überall hin war sein Ruhm als 
Dichter, Forscher und Kämpfer für das Volkswohl vorausgegangen, aber 
dargebrachte Huldigungen waren dem bescheidenen Manne meistens lästig. 
Ja, zweimal in seinem Leben wies er sogar Ordensverleihungen kurz und 
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