Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

544 Capitulations-Verhandlungen. 
feiten der Lage, unterstützt und ermuthigt durch die Sorgfalt ihrer Vor¬ 
gesetzten, wie aller Zweige der Armee-Verwaltung, nicht minder auch durch 
Die thätige Theilnahme der ganzen Nation daheim, welche hier reiche Ge¬ 
legenheit fand und ergriff, den Söhnen und Brüdern, die muthig für's 
Vaterland stritten und wachten, den Zoll ihrer Dankbarkeit darzubringen. 
Prinz Friedrich Carl war vom 13. Septbr. an der alleinige Be¬ 
fehlshaber vor Metz, indem General von Steinmetz als Gouverneur 
von Posen abberufen und die Corps der I. Armee bis auf Weiteres dem 
Prinzen unmittelbar unterstellt wurden. Je mehr sich die Einschließung 
verlängerte, desto mehr schwanden die Hoffnungen für Bazaine, nach dem 
Süden oder Westen durchzubrechen; denn während die Kraft seiner schwer 
geprüften Truppen immer mehr abnahm, dehnte sich das von den deutschen 
Armeen beherrschte Gebiet nach Süden und Westen immer weiter ans, be¬ 
sonders nachdem auch Toul und Straßburg gefallen waren. Es wurde 
daher immer wahrscheinlicher, daß Bazaine jetzt den Versuch machen würde, 
sich nördlich nach dem nahe gelegenen Luxemburg durchzuschlagen. Prinz 
Friedrich Carl veränderte hiernach die Stellung der Truppen, indem er 
besonders die Aufstellung gegen die Nordostfront von Metz verstärkte. 
Am 2. Oktober unternahm Bazaine einen Ausfall nach Nordwesten 
gegen die so eben von der Landwehr-Division Kummer besetzten Stellungen 
auf dem linken Moselufer, wurde aber kräftig zurückgewiesen; am 7. Ok¬ 
tober folgte ein stärkerer Ausfall gegen dieselbe Division bei Woippy. 
Es entwickelte sich der heftigste Kampf bis in die Nacht, in welchem sich 
die Bravour und Ausdauer der preußischen Landwehr trefflich bewährte. 
Dieselbe wurde im Lauf des Kampfes von herbeieilenden Verstärkungen 
vom 3. und 10. Corps kräftig unterstützt, und der Feind schließlich mit 
großen Verlusten überall zurückgeschlagen. Es war der letzte Versuch der 
französischen Armee gewesen, sich dem drohenden Untergange zu entziehen. 
Bald darauf traten deutlich die Spuren des nahenden Verfalls hervor. 
Die Zahl der durch Hunger zu den deutschen Vorposten getriebenen Ueber- 
läufer mehrte sich täglich, und durch sie erhielt man auf preußischer Seite 
Nachricht von der traurigen Lage, in welcher sich die eingeschlossene feind¬ 
liche Armee befand. Der größte Theil der Artillerie- und Cavalleriepferde 
war bereits geschlachtet, die Mannschaften durch die langen Entbehrungen 
geschwächt und durch das Mißlingen aller ihrer Anstrengungen entmuthigt, 
so daß neue Durchbruchsversuche kaum noch unternommen werden konnten. 
Bazaine schien es in der That nur noch darauf anzukommen, für die un¬ 
vermeidliche (Kapitulation möglichst günstige Bedingungen zu erlangen, 
namentlich neben der Kapitulation der Festung Metz besondere Ab¬ 
machungen für seine Armee zu erreichen. Er sandte den General 
Boyer ins deutsche Hauptquartier nach Versailles, ohne jedoch seinen 
Zweck zu erreichen. Inzwischen war der Mangel an Lebensrnitteln in Metz 
so sehr gestiegen, daß der Festungskommandant am 21. Oktober dem Mar¬ 
schall Bazaine mittheilte, er könne der vor der Festung lagernden Armee 
feine Mundvorrathe mehr geben. So blieb der „Rheinarmee" nur noch 
Die Wahl zwischen dem Hungertode und der Kriegsgefangenschaft. Nach 
Abhaltung eines Kriegsraths wurden am 24. Oktober Capitulationsver-
	        
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