Soziale Zustände. Das Lchnswefen. Das Rittertum.
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dahin wohl die kleineren freien Grundbesitzer). Ein Mitglied der
Lehnsaristokratie, ein „Lehnsmann" oder „Vasall", wenn auch nur
der eines Vasallen, vollends aber der des Königs zu sein, galt in
den Augen Vieler für ehrenvoller, als die Stellung eines einfachen
freien Grundbesitzers.*) So kam es, daß je mehr und mehr der
Stand der einfachen Freien verschwand, indem seine Mitglieder ent¬
weder in jene Lehnsaristokratie Aufnahme suchten und fanden, oder
in die Klaffe der Hintersassen eines größeren Grundherrn hinabsanken.
Ganze freie Banerngemeinden erhielten sich zuletzt fast nur noch
in den Urkantonen der Schweiz, im westlichen Holstein (die
Dithmarsen) und in Westfalen.**)
Einen bedeutenden Zuwachs erhielt die Lehnsaristokratie irnrch
zwei iu dieser Periode hervortretende besondere Gesellschaftsklassen,
Me Ministerialen und die Ritter. Das Wort „Ministerielle"
begriff die gesamte persönliche Dienerschaft des Königs oder eines
Großen, die hohe wie bic niedere, die von Hans ans freie wie die
von Haus aus unfreie. Von dieser Dienerschaft ging nun meist ein
Teil (auch manche von Haus aus Unfreie) durch Verleihung eines
Lehens seitens des Herrn in das Verhältnis von Vasallen über.
Die Ritter, d. h. die, welche sich berufsmäßig dem Kriegerstande
widmeten, hielten sich auch natürlich gern zu irgend einem Großen
als bessert Dienstmannen. Auf bic Abstammung ward dabei anfäng¬
lich nicht gesehen. Sie traten erst bei einem andern Ritter als
„Knappen" ein; hatten sie als solche ihre Lehrzeit bestanden und sich
bewährt, so erhielten sic den „Ritterschlag" ober bie Umgürtuug mit
*) Der Gegensatz des auf seine Unabhängigkeit stolzen Freien und des im
Glanze eines Höheren, dem er bient, sich sonnenden Vasallen läßt sich nicht treff¬
licher schildern, als dies in Schillers „Tell" geschieht in jenem Zwiegespräch des
alten Attinghaujen mit seinem Neffen Rndenz. Da dasselbe ans bem Anfange
bes 14. Jahrhnnberts, st'fo nur um wenig später als unsre Periode bcitiert, so
kann es als ein getreues Bilb des schon in dieser herrschenden Geistes dienen.
Rndenz: „Wie? Jst's nicht eine rühmlichere Wahl,
Zu huldigen bem königlichen Herrn,
Sich an sein glänzenb Lager anzuschließen,
Als zu Gericht zu sitzen mit bem Bauer?"
Attinghaujen: „Geh' hin, verkaufe beiue freie Seele!
Nimm Laub zu Sehen, werd' ein Fürstenknecht!
Da Du ein Selbstherr sein kannst und ein Fürst
Auf Deinem eignen Erb' unb freien 23oben!"
**) Ein prächtiger Typus biefer letztem ist ber „Hosschulze" in Jmmermanns
„Münchhausen'.