VOEBEMEEKUN&EN ZU SPEUNEE-MENKE HAND-ATLAS : MITTELALTEE UND NEUEEE ZEIT.
zwischen Hainau und Bracbant, nicht zwischen Brachant und
Hasbania, Für die erstere Lage sprechen allerdings nur Ueber-
lieferungen sehr späten Datums, für die zweite aber nur die
Uebereinstimmung mit einer kirchlichen Provincialgrenze, ein
Umstand, dem ich früher grösseres Gewicht, beilegte, als gegen¬
wärtig.
Der Hauptstamm der Franken, die Salier, hatte, bevor
Chlogio auf romanischem Gebiete Oamaracus und das Gebiet
bis zur Somme eroberte, seinen Sitz im Norden der Carbonaria.
Von diesem ihrem alten Gebiete war die Landschaft Thoringia j
ein nicht unerheblicher Theil. Sie erstreckte sich durch mehrere
Gaue, vermuthlich Bracbant, Hasbania, Taxandria, Masalaud,
vielleicht auch Chattuariensis und Moilla, vom linken Rheinufer
bis zur Carbonaria, und in ihr lag Dispargum, vermuthlich Duys-
burg bei Brüssel.
Seit der Unterwerfung des Reichs des Syagrius bildete
das unterworfene romanische Land zwischen Carbonaria und
Ligeris den Hauptsitz der fränkischen Macht Seine Städte
waren so wichtig, dass bei den ersten merovingischen Theilungen
ieder der Theilenden an ihnen einen Antkeil erhielt, während
die übrigen unwichtigen Länder im Ganzen verteilt wurden.
Es ist diess das auch in einem viel besprochenen Titel der
lex Salica erwähnte Land zwischen Carbonaria und Ligeris.
Herrschende Ansicht ist diess freilich augenblicklich nicht. Statt
unter dem Ligeris den Ligeris zu verstehen und die Abfassung
des Titels in die Zeit nach Gewinnung der Loiregrenze zu
setzen, hält man an einer früheren Abfassung fest und sub¬
stituiert jenem allbekannten Flusse einen sprachlich unmöglichen
Fluss, wie Waitz auch in der neuesten Ausgabe der D. V. G.
den Lys, Duvivier die Lieser in Bietgowe: Ansichten, die sich
auch dadurch als hinfällig erweisen, dass sie nicht mit den Gau¬
grenzen harmonieren. Dass der kleine vasconische Leyre, an
den Bonnell denkt, früher Ligeris geheissen habe, ist möglich,
obgleich ich den Nachweis ebenso wenig zu führen vermag wie
Bonneil. Die mir bekannt gewordenen vasconischen Urkunden
geben keinen Aufschluss darüber. Aber unstatthaft ist dem
Redactor jenes Titels, eine so mangelhafte Behandlung der
Sprache zuzuschreiben, wie darin liegen würde, wenn er unter
dem ohne nähere Bezeichnung gebrauchten Namen Ligeris statt
des nahe liegenden grossen Grenzflusses von Aquitania und
Francia ein weit über denselben hinaus liegendes kleines Flüss¬
chen gleichen Namens verstanden hätte.
Dass der zweite Hauptstamm der Franken, die Ripuarier,
sich bis Verdun erstreckt haben, beruht auf einer einzigen, über-
diess nicht einmal vollständig beweisenden Stelle.
Heber die merovingischen Theilungen hat Bonnell
gründlich und fast erschöpfend gehandelt. Nur Weniges lässt
sich ergänzend und berichtigend zufügen, z. B. Sigibert’s Ur¬
kunden von 651. P. DD. 1, 28. Sigibert verfügt über den Zoll
ad Portum Vetraria super fluviis (Var. lect. fluvium) Taunucum
Ittaque et porto illo qui dicitur Sellis immoque et vogatio super
ttuvio Ligeris. Dass die Itta (jetzt Epte) hier verkehrt steht,
erhellt aus Sickel L. 16?. ich wage nicht zu entscheiden, oh
dafür itaque im Sinne von sieque in alten italienischen Urkunden
! ,so wie“) oder atque zu lesen sei. Portas Vetraria super
fluvium Taunucum lag im Erbadilicus (Sickel L. 167) und scheint
Port S. Père am Tenu (Loire-infér.). Sellis liegt im Turonicus.
Die Erklärungen des Pertz’schen Index sind sinnlos.
Dagegen kann ich der Vermuthuug Bonnell's, dass die bei
der Theilung von 561 erwähnten Abrincates nicht als Be¬
wohner des bekannten Gaues, sondern als ein sonst unbekanntes
Volk in Wasconia zu deuten seien, nicht beistimmen. Dieselben
Gründe wie gegen seine bereits erwähnte erste vasconische Ver-
muthung sprechen auch gegen diese zweite.
Die Theilung von 600 verstehe ich so: Theuderich erhielt
von Chlothar’s Reich das Land zwischen Loire und Seine. Vom
Lande zwischen Seine, Oise und Meer verblieben Chlothar’n
12 Gaue, darunter nachweislich der Rotomagensis, während
Theudebert von diesem Lande den ducatus Dentelini bis zum
Meere bekam. Die erwähnten 12 Gaue scheinen zu sein: Wil-
cassinus, Rotomagensis, Caletensis, Tellau, Vinemaus, Pontivus,
Bolonionsis, Ambianensis, Vindoilisius, Belloacensis, Noviomensis,
Camliacensis. Der Rest ist ducatus Dentelini.
Was H. HahD über die Theilung von Karl Martell’s Söhnen
sagt, fällt in sich zusammen, wenn man sich vergegenwärtigt,
dass bei Fredegar cont. 110 unter Auster bereits der Karo¬
lingische Begriff zu verstehen ist, und dass das Theilungsprincip
in Bezug auf Francia identisch war mit dem Theilungsprincip !
von 768.
Für die 596 von Theuderich beanspruchten Sugintenses et
Turenses et Ca m pane uses sind von Schöpflin ein Thuren-
gau und Kembsgau im Eisass erfunden, während er die Sugin-
tenses auf den elsässischen Sundgau deutet Beweise hat er
nicht; dennoch stimmen ihm Bonnell und Jacobs bei. Die
Sugintenses beziehen sich indessen auf den lothringischen Gau
Sugintensis, und unter den beiden anderen Stämmen sind wohl
unbedenklich die Bewohner von Turgowe und Campania zu
verstehen.
Sapaudia in einem weiteren Umfange, als der Gau hat,
lässt sich in dieser Periode nicht nachweisen. In der Stelle
Ennodii V. S. Epiphanii Bouq. III, 371 (urbes Sapaudiae vel
aliarum provinciarum), sind provinciae Gaue.
Die angebliche Zugehörigkeit der Vallis Augustana zum
burgundischen Reiche beruht anf einer falschen Urkunde. Dieser
Gau und der Segusinus wurden während des langobardischen
Zwischenreichs 575—585 an die Franken abgetreten.
Zu Alamannien ziehe ich nicht bloss den Argowe, sondern
auch den Ufgowe wegen der Grenze „contra Alamannosdie
Kloster Rongemont hatte. Die älteste Grenze im Oberlaude
zwischen Burgund und Alamannien würde danach mit der heuti¬
gen Sprachgrenze stimmen. Burgund muss sich aber frühzeitig
in Resitz dieses Gaues gesetzt haben, nämlich vor Einrichtung
der Lausanner Diöcese. Gegen Jahn’s Erörterungen über die
nordöstliche Grenze der ßurgunden lassen sich viele Monita
erheben.
Weitahaburc, die Burg des Gaues Weitaha, Altenburg
bei Naumburg.
Fidiacus 717. Karl Marteil. P. DD. I, 97, nach Bonnell
81 im Bietgowe. Unwahrscheinlich. Wo?
Bagolosum 714. Pippin. P. DD. I, 96. Bailleu sur
Therain (Oise, Beauvais, Nivillers)?
Werestein 752. Pippin. Sickel. Zu lesen ist wohl Nere-
stein in Wormazfeld, wo Kaiser Otto II. 972 eine Ur¬
kunde aus stellt.
Brennacus, Brinnacus, bekannte merovingische Pfalz,
allgemein identificiert mit Braine, was sich aber sprach¬
lich schwerlich rechtfertigen lässt.
Epao 517 Concil, kann nicht Yenne sein, wie man gewöhn¬
lich armimmt. Vergl. Jahn II, 144. Ich identificiere es
mit S. Romain d’Albon unweit Albon, nicht weil ich
sprachliche Verwandtschaft zwischen Epao und Albon an¬
nehme, sondern, weil der vicus Eppaonis (Sickel L. 282)
eine ecclesia S. Romani hatte und zum ager Ebbaonenais
das unweit davon gelegene Anneyron gehörte.
S e 11 u s castrum „ super fluvium Ligeris “ bei Nibelung scheint
eine irrige Angabe. Ein Seiles an der Loire (dep. Loir-
et-Cher), das Ölsner angiebt, ist mir unbekannt.
(30) Merovinger, Karolinger Nr. II. Reich der Franken
unter Karl dem Grossen nnd seinen Nach¬
kommen bis 900. — Mit 6 Nebenkarten. Von
Th, Menke.
Dass Provincia seit der fränkischen Eroberung Burgunds
576 einen Theil des letzteren gebildet habe, ist ein weit ver¬
breiteter Irrthum (vgl. noch Jahn Burg. H, 243), den ich beim
Entwurf von Europa theilte. Nach den Quellen war diess weder
unter den Merovingern noch unter den Karolingern der Fall.
Zu Burgundia gehörten Vallis Augustana nachweislich
wenigstens bis 839, Vallis Segusina nachweislich wenigstens bis
807. Simson’s Darstellung des Jahres 817 ist demgemäss zu
berichtigen. Wenn Autissiodorensis in dieser Periode burgun-
disch genannt wird, so ist das ein Nachklang aus merovingischer
Zeit In der That gehörte dieser Gau zu Franeia.
Auch die merovingische Eintheilung von Franeia in Neu¬
stria und Austrasia findet sich noch vereinzelt in dieser
Periode. Vorherrschend aber ist die folgende Eintheilung:
A. Franeia autiqua, vetus. Es sind die ältesten Sitze
der Franken, wie der Name sagt. In demselben waren mehrere,
jedenfalls Ein Bischofssitz; Mosellana gehörte nicht dazu, und
ein Theil der Veteros Franci fiel 843 an Lothar. Man wird
daher wohl nicht irre gehen, wenn man die Südgrenze von
Ribuaria, die Mitte des Ardennen-Forstes (Urta), die Carbonaria
silva und die Somme Franeia vetus im Süden begrenzen lässt,
Im XI. Jahrhundert wird Eu als nördlicher Anfang von Neustrien
bezeichnet.
B. Franeia nova zwischen Carbonaria etc. und Loire,
Britannia und dem Slawonlande. Es zerfällt in 3 Theile:
1. Austria östlich vom Rhein. Wormazfeld, Spiragowe
tmd Nawagowe theilten vielfach die Geschicke von Austria und
blieben schliesslich bei demselben.
2. Media Franeia, auch einfach Franeia zwischen Rhein
und einer aus Adrevaldus (Mirac. S. Bened. Lib. I, 4, 16, 17.
A. SS. Mart. UT, 312) und den urkundlichen Nachrichten über
die Theilung von 768 sich ergebenden Linie. (Adrevaldus lebte
zu Karls des Kahlen Zeit im Kloster Floriacus unmittelbar an
dieser Linie.)
VERLAG VON JUSTUS PERTHES IN GOTHA.
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