Die Gewässer des Landes: Flüsse.
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b) Stufen des Flußlaufes. Bei größeren Flüssen unterscheidet man
einen Ober-, Mittel- und Unterlauf.
Der Oberlauf liegt meist im Gebirge oder auf Hochflächen. Er ist Haupt-
sächlich Sitz der erodierenden oder auswaschenden Kraft des Flußwassers,
denn hier ist das Gefälle größer, und so werden auch die härtesten Gesteine
vom Flusse durchnagt und das Bett zu Rinnen und Schluchteu vertieft. Eigen-
tümlich ist allen Gebirgswassern, daß die talbildende Auswaschung auch rück-
wärts nach der Quelle zu und dann von dieser weiter in den Berg hinein
stattfindet. Auf diese Weise werden Gebirgssättel durchsägt.
Neben der Erosion ist im Oberlaufe die forttragende oder transpor-
tierende Kraft des Flusses besonders groß, denn beide Kräfte des Flusses
hängen wesentlich vom Gefälle ab. Nicht nur die lockeren, durch Regen und
Schneeschmelze ihm zugeführten Teile und den eigenen Sand und Kies schafft
er talabwärts, sondern auch, namentlich bei Hochwasser, Steine bis zu den
größten Felsblöcken (Bild 32). Durch Talsperren sucht man den Verderb-
lichen Wirkungen des ungestümen Flusses vorzubeugen.
29. Durchschnitt durch einen Fluß mit Dämmen.
Im Mittellaufe, der im allgemeinen mit dem Eintritt des Flusses ins
Hügelland beginnt, sind beide Kräfte im Verhältnis und im Gegensatz zu
seiner Wassermasse geringer geworden. Insbesondere werden nur kleinere
Geschiebe weitergetragen, die größeren dagegen sinken hier zu Boden. An
Stelle der Vertiefung des Flußbettes tritt die Verbreiterung.
Im Unterlaufe, der ganz dem Tiefland angehört, ist, abgesehen vom
Hochwasser, die erodierende Kraft (die Abtragung) gering. Da das Gefälle
des Flusses uud damit dessen Kraft, die festen Beimengungen zu tragen, sich
immer mehr verringert, so werden hier in erster Linie die Sinkstoffe abge-
lagert, wodurch sich das Bett erhöht. Daher sind hier einerseits Eindämmungen
des Flusses wie am Niederrhein und am unteren Po nötig, um Überflutungen
der Uferlande zu verhüten, anderseits ist stetes Ausbaggern erforderlich, um
die Fahrrinne für die Schiffahrt tief genug zu erhalten (Fig. 29). In diesem
Laufe bildet der Fluß auch stellenweise Flußinseln (Werder, Auen, Kämpe).
Nicht alle Flüsse lassen Ober-, Mittel- und Unterlauf unterscheiden. Die
meisten Plateauströme Afrikas (Nil, Kougo, Sambesi) besitzen nur Mittel-
und Unterlauf, da sie auf der Hochebene und nicht im Gebirge entspringen'