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A. Zur Allgemeinen Erdkunde.
Orten doch die meßbare und fühlbare Wirkung derselben sehr ungleich ausfalleu
wird, je nachdem die Atmosphäre viel oder wenig Wasserdampf enthält. In ersterem
Falle wird die Wärme rascher eingesogen, als sie wieder ausstrahlen kann; in letzterem
geht sie durch Ausstrahlung in den Weltraum rascher verloren, als sie absorbiert werden
kann. In beiden Fällen muß sich Gleichgewicht herstellen; aber in dem einen wird
die mittlere Temperatur, welche das Resultat dieses Gleichgewichtszustandes ist,
erheblich höher sein als im anderen.
Einfluß der Winde auf die Temperatur der Äquatorialgegend. —
Der Abstand des nördlichen Wendekreises vom südlichen beträgt mehr als 700 Meilen,
die Flüche der heißen Zone mehr als ein Dritteil der ganzen Erdoberfläche. Es ist
daher unmöglich, daß irgendein Luftstrom den Äqnator erreicht, ohne zuvor durch
die Berührung mit dem Boden oder dem Meere oder durch die Mischung mit der
erwärmten Luftschicht in der Nähe der Erdoberfläche erwärmt zu sein. Diese Er-
wärmung wird noch erheblich verstärkt durch den Umstand, daß alle Winde, welche
von Nord oder Süd dem Äquator zuströmen, durch die Vermehrung der Drehge-
schwindigkeit der Erde am Äquator ihre Richtung zu ändem gezwungen werden und
denselben als Ostwinde erreichen; sie wehen also in schräger Richtung über die breite
erwärmte Erdzone. Die Ursachen, welche die westlichen Monsuns hervorbringen,
wirken ganz dementsprechend, so daß reine Nord- uud Südwinde von größerer Be-
deutung als etwa rein örtliche Land- und Seewinde am Äquator so gut wie ganz
unbekannt sind. Die Beobachtungen in Batavia ergaben, daß 10 Monate des Jahres
hindurch die Windrichtung im Mittel nur 5 bis 30° von der West- oder Ostrichtung
abweicht, und die so gerichteten Winde sind zugleich die stärksten. Während der
beiden übrigen Monate — März und Oktober — ist die herrschende Richtung der
Winde eine nördliche, doch sind dieselben sehr sanft und vermutlich nur örtliche See-
winde, welche in Batavia natürlicherweise Nordwinde sein müssen. Im allgemeinen
hat jeder Wind anl Äquator eine sehr große Fläche der heißen Erdzone in sehr schräger
Richtung passiert und muß daher uotgedruugeu warm sein. »'
In den gemüßigten Zonen sind dagegen die Winde stets kühl und wirken oft
selbst im Hochsommer in hohem Maße kältend. Einesteils kommen sie als Ostwinde
aus kälteren Gegenden, anderenteils als Westwinde aus höheren Luftschichten. Die
stete Zufuhr kalter Luft, welche auf diese Weise stattfindet, führt die Sonnenwärme
in Verbindung mit der raschen Ausstrahlung durch eiue trocknere Atmosphäre iu so
energischer Weise fort, daß sich das Gleichgewicht erst bei eiuem sehr niedrigen Thermo-
Meterstande herstellt. Im Äquatorialgürtel häuft sich im Gegenteile die Wärme
infolge des Maugels jeglicheu kühlereu Mediums, welches sie ableiten könnte, sehr
rasch an, und so vermag sie jenen sengenden Einfluß zu äußern, der aus der Höhe
der Sonne und aus dem Thermometerstande allein nicht zu erklären wäre. Kommt
aber ausnahmsweise einmal Kälte in der Nähe des Äquators vor, so ist sie fast jedes-
mal auf ungewöhnlich kalte Luftströmungen zurückzuführen. So fand ich einstmals
in der Nähe der Arn-Jnseln im Juni, daß ein heftiger Südostwind trotz schönen,
sonnigen Wetters die gewöhnlichen Wirkungen der Tropenhitze fast aufhob. Dieser
Wind kam in gerader Richtuug von der Südsee her, in welcher es damals Winter war,
und hatte nirgends durch Wehen über Landstrecken seine ungewöhnlich niedrige
Temperatur mit einer wärmeren vertauscht. Bat es berichtet, daß am oberen Ama-
zonenstrome im Mai regelmäßig ein Südwind wiederkehrt, welcher eine merkliche
Abkühlung der äquatorialen Wärme veranlaßt. Berücksichtigt man aber, daß infolge
der größeren Umdrehungsgeschwindigkeit am Äquator ein Wind, welcher dort als