Bevölkerung und Erzeugnisse des Deutschen Reiches,
13
daß die stärksten Niederschläge, d. h. Regen und Schnee, auf den Gebirgen
fallen, denn dorther kommen unsere nie versiegenden Flüsse.
5. Bevölkerung und Religion. Von den fast 52 Mill. Bewohnern unseres
Reiches sind etwa 48 Mill. der Abstammung nach Deutsche. Sie werden
nach ihrer Mundart geschieden in Nieder- oder Platt- und Ober- oder Hoch-
deutsche. Im O. wohnen fast 31/4 Mill. Slawen (meist Polen, aber auch
Wenden u. a.). Dazu kommen noch Litauer (im NO.), Dänen (im N.),
Wallonen und Franzosen (im W.) — alle in geringer Zahl.
Etwa 32 Mill. sind Evangelische, über 18 Mill. Römisch-Katholische, 570000
Juden (hauptsächlich im O. und in den Rheingegenden, dann auch in den Groß-
städten, vor allem in Berlin).
6. Erzeugnisse. Nur durch regste Thätigkeit vermag unser Volk sich so
zu erhalten, daß nirgends drückende Armut vorherrscht. Am wichtigsten ist für
uns der Ackerbau, der freilich die unverdrossenste Arbeit und reichliche Düngung
des Bodens verlangt und doch nicht so viel Brotfrucht spendet, als unser Volk
bedarf: daher müssen alljährlich große Massen von Roggen und Weizen
aus anderen Ländern eingeführt werden. Dagegen bauen, wir Kartoffeln, die
wichtigste Nährfrucht der ärmeren Bevölkerung, meist in Uberfluß an. Zucker-
rüben ernten wir so viel, daß kein anderes Volk uns in der Zuckerausfuhr erreicht.
Fast die Hälfte unseres Bodens wird als Ackerland benutzt, etwa 1/4 trägt Wald,
der nirgends so gepflegt wird wie bei uns. Nur 5 Hundertteile des Bodens —
d. i. immer noch eine Fläche doppelt so groß als Elfaß-Lothringen — bringen
gar keinen Nutzen. — Die Pferdezucht blüht besonders in den Gestadeländern
der Ost- und der Nordsee und in Württemberg, die Schafzucht im norddeutschen
Flachlande und in der Rauhen Alb, die Rinderzucht in den Marschen und den
Voralpen. — Aus den Tiefen der Erde fördert der Bergmann Stein- und
Braunkohlen, Eisen-, Kupfer-, Zink-, Blei- und Silbererze zu Tage. An
Salz, sowohl zur Würzung der Speisen als auch zum Düngen des Bodens,
haben wir Überfluß. Bernstein*) findet man in großen Mengen nur in Ost-
preußen.
Dem Ackerbau kommt an Bedeutung am nächsten der Gewerbebetrieb (oder
die Industrie). Er gründet sich vor allem auf Steinkohle und Eisen. Wo
diese Schätze entweder vom Boden gespendet oder doch leicht aus anderen
Gegenden beschafft werden, sind große Gewerbebezirke entstanden, in denen
ganze Wälder von ragenden Schornsteinen unablässig Rauchwolken entsenden.
Solche Bezirke haben wir in den nördlichen Rheingegenden, im König-
reich Sachsen, in Oberschlesien. Alle deutschen Städte übertrifft an Ge-
Werbfleiß Berlin; es ragen außer ihm hervor Elberfeld-Barmen, Essen mit
den Kruppschen Werken, der großartigsten Anstalt der Erde für Gußstahl-
erzeugung, Chemnitz und viele andere. Unsere Holzwarenindustrie ist unerreicht.
Der Handel führt fortwährend Rohstoffe anderer Länder herbei und unsere
Fabrikwaren wieder aus: denn letztere werden bei weitem nicht völlig von
uns allein aufgebraucht. Eingeführt (importiert) werden besonders Getreide,
Kaffee, Wolle, Baumwolle, Rohseide, ausgeführt (exportiert) Woll-, Sei-
ven- und Eisenwaren und Zucker.
Gewerbe und Handel werden gefördert durch unfere Eisenbahnen, welche
insgesamt fast 46 000 km lang sind, also mehr als ausreichen würden, einen
Ring um die ganze Erde zu legen. Bon Berlin aus führen Schienenwege
Bernstein ist eine verhärtete Harzausschwitzung von Nadelholzbäumen, welche erhalten
geblieben ist, während die Stämme meist im Meere oder Erdreich vermodert sind.