Full text: Die außerdeutschen Länder Europas (Teil 2)

XIII. Das Königreich Italien. 
189 
Es bezahlt seine Einfuhr vornehmlich mit Seide und Früchten. Die guten 
Alpenbahnen erleichtern den Warenaustausch zwischen Italien und Deutschland. 
12. Die Italiener. 
Italien ist im ganzen dicht bewohnt, denn seine Volksdichte ist größer 
als die Deutschlands. Am dichtesten sind bevölkert die Lombardei, Ligurien, 
das Arnotal, das innere Land zwischen Rom und Neapel (Kampanien). Da¬ 
für sind andere Striche um so dünner bevölkert, wie z. B. die Maremmen, 
die höheren Gebirge usw. Manche Gebiete sind stark übervölkert. Die Aus¬ 
wand emng aus Italien ist sehr groß; sie ist stetig gewachsen und beträgt in 
letzter Zeit 500 000 bis gegen 800 000 im Jahre. Freilich kehren viele wieder 
in die Heimat zurück. Sie finden in ihrem so schönen und fruchtbaren Vater¬ 
lande nicht genug Arbeit und Verdienst. Freilich könnte dies noch viel mehr 
Menschen ernähren, wenn man es nur richtig ansinge. Man müßte die großen 
Güter zerteilen und noch viel Ödland oder Weideland in Ackerland verwandeln. 
So lange das nicht geschieht, suchen viele Italiener im Auslande Beschäftigung. 
Sie kommen auch in großen Scharen zu uns, wo sie (zumeist Lombarden) 
Erdarbeiten verrichten oder in Bergwerken ein Unterkommen suchen. Sehr 
viele gehen auch nach Frankreich, nach der Schweiz und nach Österreich. 
Haben sie ein hübsches Stück Geld verdient, so kehren sie nach Hause zurück. 
Die Italiener sind Nachkommen der alten Römer, haben sich aber im 
Lause der Zeit mit Lombarden und anderen Germanen, mit Arabern und 
Griechen und anderen vermischt. Sie sind heiter und lebhaft und machen beim 
Reden viele Gebärden und Bewegungen. Leicht geraten sie in Leidenschaft 
und Streit. Dann sitzt ihnen der Dolch oder das Messer nicht fest. Sicher 
treffen sie das Herz ihres Feindes. Glauben sie, daß ein Nebenbuhler ihnen 
die Geliebte abspenstig machen will, dann muß sich der sehr in acht nehmen, 
sonst fällt er, vom Dolch getroffen, tot zur Erde. Mord und Totschlag kommen 
viel häufiger vor als bei uns. Mit den Tieren haben die Italiener kein Er¬ 
barmen. Schonungslos morden sie die nützlichsten Singvögel. So großen 
Schönheitssinn die gebildeten Italiener zeigen, so unsauber und schmutzig sind 
die Armen. Doch alle lieben Gesang und Musik, und im Schnitzen und Formen 
sind sie wohl bewandert. In der Arbeit nehmen sich namentlich die Süd¬ 
italiener Zeit; sie lieben das süße Nichtstun. Das ist aber nötig, denn in der 
Hitze darf man nicht so angestrengt arbeiten, wenn man gesund bleiben will. 
Leider blüht vielfach die Räuberei, besonders in den Bergen und in Sizilien. 
Hier gibt es einen Geheimbund, der alle brandschatzt, wenn man ihm nicht 
zu Willen ist. Die Reichen zahlen ihm Beiträge, die Bauern verraten nichts, 
die Armen stellen sich in seinen Dienst. Fast nie kommt der Mörder an den 
Tag. Oft kennt ihn jeder, aber niemand wagt es. ihn zu verraten; sonst wäre 
er binnen kurzem eine Leiche oder sein Besitz ein Raub der Flammen. Die 
Italiener leben mäßig und meist einfach. Sie sind namentlich im Süden 
noch recht abergläubisch und ungebildet. Sie glauben da, wenn die Lava 
ausströmt, man könne mit Prozeisionen helfen. 
Die italienischen Ortschaften liegen häufig auf Bergen und nicht im Tale. 
Man sucht Schutz vor Räubern, Feinden und dem bösen Fieber. Das hemmt 
aber den Verkehr. Der Bahnhof ist oft stundenweit vom Orte entfernt. Im 
Orte hat man die Häuser eng aneinander gepfercht. Dazu wirft man alles, 
was man nicht brauchen kann, auf die engen Wege; kein Wunder, wenn es da
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.