XIII. Das Königreich Italien.
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Es bezahlt seine Einfuhr vornehmlich mit Seide und Früchten. Die guten
Alpenbahnen erleichtern den Warenaustausch zwischen Italien und Deutschland.
12. Die Italiener.
Italien ist im ganzen dicht bewohnt, denn seine Volksdichte ist größer
als die Deutschlands. Am dichtesten sind bevölkert die Lombardei, Ligurien,
das Arnotal, das innere Land zwischen Rom und Neapel (Kampanien). Da¬
für sind andere Striche um so dünner bevölkert, wie z. B. die Maremmen,
die höheren Gebirge usw. Manche Gebiete sind stark übervölkert. Die Aus¬
wand emng aus Italien ist sehr groß; sie ist stetig gewachsen und beträgt in
letzter Zeit 500 000 bis gegen 800 000 im Jahre. Freilich kehren viele wieder
in die Heimat zurück. Sie finden in ihrem so schönen und fruchtbaren Vater¬
lande nicht genug Arbeit und Verdienst. Freilich könnte dies noch viel mehr
Menschen ernähren, wenn man es nur richtig ansinge. Man müßte die großen
Güter zerteilen und noch viel Ödland oder Weideland in Ackerland verwandeln.
So lange das nicht geschieht, suchen viele Italiener im Auslande Beschäftigung.
Sie kommen auch in großen Scharen zu uns, wo sie (zumeist Lombarden)
Erdarbeiten verrichten oder in Bergwerken ein Unterkommen suchen. Sehr
viele gehen auch nach Frankreich, nach der Schweiz und nach Österreich.
Haben sie ein hübsches Stück Geld verdient, so kehren sie nach Hause zurück.
Die Italiener sind Nachkommen der alten Römer, haben sich aber im
Lause der Zeit mit Lombarden und anderen Germanen, mit Arabern und
Griechen und anderen vermischt. Sie sind heiter und lebhaft und machen beim
Reden viele Gebärden und Bewegungen. Leicht geraten sie in Leidenschaft
und Streit. Dann sitzt ihnen der Dolch oder das Messer nicht fest. Sicher
treffen sie das Herz ihres Feindes. Glauben sie, daß ein Nebenbuhler ihnen
die Geliebte abspenstig machen will, dann muß sich der sehr in acht nehmen,
sonst fällt er, vom Dolch getroffen, tot zur Erde. Mord und Totschlag kommen
viel häufiger vor als bei uns. Mit den Tieren haben die Italiener kein Er¬
barmen. Schonungslos morden sie die nützlichsten Singvögel. So großen
Schönheitssinn die gebildeten Italiener zeigen, so unsauber und schmutzig sind
die Armen. Doch alle lieben Gesang und Musik, und im Schnitzen und Formen
sind sie wohl bewandert. In der Arbeit nehmen sich namentlich die Süd¬
italiener Zeit; sie lieben das süße Nichtstun. Das ist aber nötig, denn in der
Hitze darf man nicht so angestrengt arbeiten, wenn man gesund bleiben will.
Leider blüht vielfach die Räuberei, besonders in den Bergen und in Sizilien.
Hier gibt es einen Geheimbund, der alle brandschatzt, wenn man ihm nicht
zu Willen ist. Die Reichen zahlen ihm Beiträge, die Bauern verraten nichts,
die Armen stellen sich in seinen Dienst. Fast nie kommt der Mörder an den
Tag. Oft kennt ihn jeder, aber niemand wagt es. ihn zu verraten; sonst wäre
er binnen kurzem eine Leiche oder sein Besitz ein Raub der Flammen. Die
Italiener leben mäßig und meist einfach. Sie sind namentlich im Süden
noch recht abergläubisch und ungebildet. Sie glauben da, wenn die Lava
ausströmt, man könne mit Prozeisionen helfen.
Die italienischen Ortschaften liegen häufig auf Bergen und nicht im Tale.
Man sucht Schutz vor Räubern, Feinden und dem bösen Fieber. Das hemmt
aber den Verkehr. Der Bahnhof ist oft stundenweit vom Orte entfernt. Im
Orte hat man die Häuser eng aneinander gepfercht. Dazu wirft man alles,
was man nicht brauchen kann, auf die engen Wege; kein Wunder, wenn es da