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An den Linien angelangt, führte Leopold von Dessau (der »alte
Dessauer«) seine Preußen zum Sturme, dann folgten die Andern;
Graf Daun that zu gleicher Zeit einen Ausfall aus der Festung.
Der Widerstand war hartnäckig. Zweimal wurden die Preußen zu-
rückgetrieben, aber zum dritten Male erstiegen sie glücklich, die ersten
von allen, die Verschanzungen; nun drangen auch die Uebrigen ein.
In 2 Stunden war der blutige Kamps entschieden. 5000 Todte
und noch mehr Verwundete bedeckten das Schlachtfeld; das ganze
französische Heer war zerstreut. Die Folgen der Schlacht waren
außerordentlich: die Franzoseil mußten ganz Oberitalien räumen
und sich verpflichten, während des ganzen Krieges kein Heer wieder
dahin zu senden. — Der Kaiser Joseph, welcher seinem Vater schon
1705 in der Regierung gefolgt war, sandte Eugen einen Ehren¬
degen und ernannte ihn zum Ob erstatthalter von Mailand.
»In diesem fungen Helden blüht der erste Feldherr seines Jahr¬
hunderts auf!« sagte der Herzog von Lothringen, als er Eugen dem
Kaiser Leopold vorstellte. Und dieses Wort war in Erfüllung ge¬
gangen. In wenigen Jahreil hatte der tapfere Prinz die besten
Feldherren Ludwig's XIV. alls dem Felde geschlagen, und der stolze
König gab sich alle Mühe, den so gefährlichen Feind wieder aus-
zusöhnen. Er bot ihm die Würde eines Marschalls von Frankreich
und eine jährliche Pension von 2000 Luisdor an. Aber der Prinz
betrachtete mit Recht das Land, das ihn so liebreich ausgenommen,
als sein wahres Vaterland lind sagte deiil französischen Gesandten:
»Antworten Sie Ihrem Könige, daß ich kaiserlicher Feldmarschall
bin, welches eben so viel werth ist als der französische Marschalls¬
stab. Geld brauche ich nicht. So lange ich meinem Herrn redlich
diene, werde ich dessen genug haben.«
Eben so groß aber, als auf deiu Schlachtfelde, war Eugen bei
den Berathungen im Kabinet, fa, in allen Verhältnissen seines Lebens,
so daß es nur strenge Wahrheit ist, wenn man von ihm sagt, er
gehöre zu den seltenen Männeril, deren große Tugenden durch keine
großen Fehler verdunkelt werdeil. Dabei war er in einem so hohen
Grade bescheideil, daß die geringste Artigkeit, welche man ihm über
seine glänzenden Talente sagte, ihm höchst empfindlich war. Schon
der geringste Schein von Falschheit war ihm abscheulich, so daß er
dann auch die gewöhnliche Höflichkeit vergessen konnte. Er war
dafür bekannt, daß er llichts versprach, was er nicht halten konnte.
— Die Rathschläge, die er gab, waren stets gemäßigt und uneigen¬
nützig, und so groß auch sein Talent für den Krieg und seine Liebe
zum Waffenruhm war, rieth er doch nie zur Fortsetzung der Feind¬
seligkeiten, sondern immer zu einem ehrenvollen Frieden, weil er
Deutschland wahrhaft liebte. »Ich stehe am Rhein jetzt Schildwache,
schreibt er im Jahre 1713, betrachte die reizenden Gegenden und
denke mir oft: wie glücklich und wie ruhig und wie ungestört die