Full text: Erzählungen aus der römischen Geschichte

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den Opferthieren, die er schlachtete, fand man kein Herz. Der 
Seher Spurinna warnte ihn vor den Iden des Märzes. Doch 
bis jetzt fürchtete der muthige Dictator nichts. Ain Abend vor 
seinem Tode speiste er beim Lcpidus, dem Befehlshaber seiner 
Reiterei. Während er einige Briefe unterschrieb, warf einer 
von den Gästen die Frage auf, welches der beste Tod sei. 
Cäsar antwortete schnell: „Der unerwartete." Die Nacht dar¬ 
auf brachte er in der größten Unruhe zu. Aufgeschreckt durch 
ein plötzliches Geräusch und das Helle Mondlicht, sah er auf 
einmal die Thüren seines Gemachs von selbst geöffnet, und 
hörte seine Gemahlin Calpurnia im Schlafe wehklagen. Ihr 
träumte, man hätte ihren Gemahl ermordet, und sie halte 
ihn nun weinend in ihren Armen. Endlich brach der Morgen 
der Iden an. Calpurnia, erschreckt durch die Träume der ver¬ 
gangenen Nacht, bat ihren Gemahl inständig, zu Hause zu 
bleiben. Cäsar folgte ihr und gab dem Antonius den Auf¬ 
trag, den versammelten Senat zu entlassen. 
Inzwischen waren die Verschworenen, mit Dolchen be¬ 
waffnet, in der Curie des Pompcjus versammelt und besorg¬ 
ten schon, ihr Geheimniß sei verrathen. Sie schickten daher 
den Decimus Brutus, den vertrauten Freund Cäsars, zu die¬ 
sem, um sich nach der Ursache seines Säumens zu erkundigen. 
Cäsar erzählte ihm Calpurnia's Traum. Brutus stellte ihm 
vor, wie unklug es sei, seine Ernennung zum König verschie¬ 
ben zu wollen, bis ein Weib bessere Träume habe, und zog 
ihn an der Hand mit sich fort. 
Noch hätte Cäsar dem Tode entgehen können, denn selbst 
aus dem Wege nach der Curie des Pompejus wurde er auf 
mannigfache Art gewarnt. Kaum war er aus dem Hause 
gegangen, so drängte sich Artemidorus, ein gelehrter Grieche, 
auf ihn zu und überreichte ihm eine Schrift, in der die ganze 
Verschwörung entdeckt war. „Lies diese Schrift," sagte er zu 
ihm, „lies sie sogleich, sie enthält wichnge Dinge, die dich be¬ 
treffen." Cäsar versuchte sie zu lesen, aber das Gedränge der 
Menschen war zu groß; er nahm die Schrift ungelesen mit in 
die Curie. Nicht mehr weit davon sah er den Spurinna und
	        
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