Napoleon's Feldzug gegen Rußland.
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Napoleon's Feldzug gegen Rußland 1812.
Rußland, welches durch einen Angriff auf Schweden Finnland
erobert (1808) und in einem Kriege mit den Türken (1806—1812)
zufolge des Bucharester Friedens sein Gebiet bis an den Pruth aus¬
gedehnt hatte, mußte sich bald überzeugen, daß Napoleon keineswegs
geneigt sei, ihm einen wesentlichen Antheil an der Leitung der euro¬
päischen Angelegenheiten zu überlassen und daß die Fortdauer der
Continentalsperre den russischen Handel zu Grunde richte, weshalb
es, als Napoleon eine strengere Beobachtung derselben forderte, diese
Forderung zurückwies und sich zum Kriege rüstete. Diesen begann
Napoleon, nachdem Oesterreich und Preußen Hülfe zugesagt hatten,
im Juni 1812 an der Spitze eines aus fast allen südwestlichen Völ¬
kern Europa's zusammengesetzten Heeres von wenigstens mehr als
400.000 M. Mit seiner gewohnten Raschheit rückte er über den
Niemen in Litthauen ein, trieb die Alles verheerenden Russen ohne
bedeutenden Widerstand, aber auf sehr anstrengenden Märschen und
unter beständig zunehmendem Mangel an Lebensmitteln bis Smo¬
lensk zurück. Nachdem er sie hier und bei Borodino an der
Moskwa mit großem Verluste von beiden Seiten geschlagen hatte,
hielt er am 14. Sept. seinen Einzug in die verlaffene und verödete
Hauptstadt Moskau, welche wenige Tage nachher durch eine unge¬
heure, wahrscheinlich von ihrem eigenen Gouverneur (Rostopschin)
veranlaßte, Feuersbrunst zum großen Theil unterging. Dennoch ver¬
weilte Napoleon fünf Wochen in den Trümmern Moskau's, hinge¬
halten durch Friedensunterhandlungen, bis er endlich (17. Oct.) zu
spät seine Täuschung erkannte und den verhängnißvollen Rückzug an¬
trat, welcher auf einem Wege von 150 Meilen verwüsteten Landes,
bei dem gänzlichen Mangel an Lebensmitteln, bei dem ungewöhnlich
früh eintretenden und äußerst strengen Winter und unter beständigen
Angriffen der Russen und Kosaken so verderblich wurde, daß von
der halben Million, die er über den Niemen geführt hatte, nur
30.000 Mann sich den Uebergang über die Beresina erkämpften.
Nach dieser letzten glänzenden Waffenthat des französischen Heeres
artete der Rückzug (bei einer Kälte von 26—27°) in die regelloseste
Flucht aus, besonders seitdem Napoleon, als er Alles verloren sah,
incognito auf einem Schlitten nach Paris zurückgeeilt war, wo eine
Pütz Eeogr. u. Gesch. f. mittl. Kl. Abth. HI., g