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er betäubt am Wege. Nostitz stellte sich neben den Feldherrn und 
ließ das wilde Getümmel erst der Preußen, dann der verfolgenden 
Franzosen vorüber. Er hatte den Degen gezogen, um keinen Feind 
ungestraft Hand an den Feldherrn legen zu lassen. Noch mehr¬ 
mals sprengten feindliche Reiter vorüber; Preußen kamen hinter¬ 
her. Diese halfen Blücher unter dem Pferde hervorziehen; auf 
ein Uhlanenpferd gesetzt, konnte er entfliehen. Gottes Hand war 
mit ihm. — 
Napoleon wähnte, die Preußen seien gänzlich geschlagen, und 
er gab den übermüthigen Befehl, sie in den Rhein zu stürzen. 
Wellington hatte sich eine treffliche Stellung vier Stunden 
von Brüssel ausersehen. Im Rücken der Anhöhen, die er besetzt 
hielt, ward er durch einen Bergwald gedeckt, und vor ihm lagen 
zwei Meierhöfe, die er in Festungen umgewandelt hatte. Wenn 
Blücher ihm nur zwei Heerhaufen schicken könne, ließ er ihm sa¬ 
gen, so wolle er getrost mit 80,000 Mann gegen 120,000 Fran¬ 
zosen den Kampf wagen. 
Es war Nacht, als man Blücher diese Meldung brachte; man 
weckte den greisen Feldherrn. „Nicht mit zwei Heerhaufen, son¬ 
dern mit dem gànzen Heere," sagte er, „will ich kommen." Dann 
legte er sich wieder hin und schlief weiter. Als er am andern 
Morgen gleich vom Lager auf's Pferd wollte, hielt ihn der Wund¬ 
arzt zurück, um ihn noch einzureiben. „Ach was", rief er, „noch 
erst schmieren! Laßt nur sein; ob ich heut balsamirt oder unbal- 
samirt in die andere Welt gehe, wird wohl auf eins herauskom¬ 
men." Der Morgen des 18. Juni war trübe und naß; der Re¬ 
gen stürzte stromweise herab. Doch Blücher sah darin eine gute 
Vorbedeutung; er sprach zu seinen Kriegern: „Siehe da, unser 
Bundesgenosse von der Katzbach! Da sparen wir dem König wie¬ 
der viel Pulver." Das Heer war noch niedergeschlagen wegen 
Ligny und wegen des gefürchteten Rückzuges; als nun aber der 
greise Feldherr sein „Vorwärts, Kinder!" hören ließ, da ging es 
im Jubel von einem Haufen zum andern: „Es geht wieder vor¬ 
wärts!" 
Am Morgen des 18. Juni war Nopoleon freudig überrascht, 
als er das englische Heer vor sich sah. „Ha, nun habe ich sie, 
diese Engländer!" rief er aus. Er ordnete Alles zur Entscheidungs¬ 
schlacht. Von beiden Seiten wurde mit der fürchterlichsten Erbit¬ 
terung und mit dem ausgezeichnetsten Heldenmuth gekämpft. Na¬ 
poleon hoffte, durch die Uebermacht zu siegen. Drei, vier Mal 
zurückgeschlagen, trieb er immer neue Heeresmassen die Höhen 
hinan gegen den unerschütterlichen Feind. Schon war dieser auf's 
Aeußerste erschöpft; 10,000 Engländer lagen auf dem Schlacht¬ 
felde. Mit schwerer Besorgniß sprach der englische Feldherr: „Ich 
wollte, es wäre Nacht, oder die Preußen kämen!" — Da donnerte 
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