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Zieten. 
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Uachtwachen, die er im Vorzimmer des Königs für sich selbst 
tun mußte, übernahm er öfters noch solche gegen Bezahlung für 
andere Pagen, um mit dem Gelde seine arme Mutter zu unter— 
stützen. 
Einst wollte sich der König, da er nicht schlafen konnte, etwas 
vorlesen lassen. Er klingelte wiederholt; allein der Page kam 
nicht. Da stand der König auf, ging ins Vorzimmer und fand 
hier den jungen Zieten schlafend am Tische sitzen. Vor ihm lag 
ein angefangener Brief. Der König trat leise hinzu und las: 
„Meine beste, geliebteste Nutter! Jetzt ist es schon die dritte 
Uacht, daß ich für Geld die Wache beim König habe. Beinahe 
kann ich es nicht mehr aushalten. Indes freue ich mich, daß ich 
nun wieder zehn Taler für Sie verdient habe, die ich Ihnen 
hierbei schicke. . .“ 
Der König, gerührt durch das edle Herz des Jünglings, ließ 
ihn schlafen, ging in sein Zimmer und kehrte bald mit zwei 
Rollen Dukaten zurück. Leise steckte er dem Pagen in jede Tasche 
eine und legte sich dann wieder zu Bette. 
Wie erschrak aber Zieten beim Erwachen, als er in seiner 
Tasche das Geld fand. Wohl ahnte er sofort, daß der König es 
hineingesteckt habe, und er freute sich sehr über die Gabe, womit 
er nun wieder seine Mutter unterstützen konnte. Ollein, daß 
der König ihn schlafend gefunden hatte, machte ihm dennoch 
Sorge. Sobald er daher morgens zum Könige kam, bat er 
demütig um Verzeihung und dankte für das gnädige Geschenk. 
Friedrich lobte jedoch seine kindliche Liebe, ernannte ihn zum 
Fähnrich und schenkte ihm noch eine weitere Summe Geldes zur 
Bestreitung alles dessen, was er zu seiner neuen Stellung nötig 
hatte. 
. Scherer 
93. Zieten. 
Der große Rönig wollte gern sehn, 
was seine Gen'rale wüßten. 
Da ließ er an alle Briele ergehn, 
daß sie gleich ihm schreiben müßten,
	        
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