225
doch sollen sie in Gesittung allen andern Völkern der Guineaküste weit überlegen
sein. Andere Schwarze sind wieder so stumpfsinnig, so schwach und trage, daß man
an ihrer Bildungsfähigkeit verzweifeln möchte.
Im Süden wohnen die kleinen Buschmänner, die starken Hottentotten und krie¬
gerischen Kaffern, welche den Kolonisten so viel zu schaffen machen. Bei diesen
Völkern zeigt sich schon der Uebergang zur malayischen Nace und eine schmutzig¬
gelbe Hautfarbe. Auch an der Ostküste mildern sich die Farben und Gcsichtszüge
der Völker. Die Abyssinier sind ein nicht negerartigcr Stamm; ihnen benachbart
sind die schon stark mit Negerblut vermischten Nubier. Die Bewohner Egyptens sind
größtentheils arabischer Abstammung. Die Berbern (in der Berberei oder den Bar-
bareskenstaatcn) sind Nachkommen jener alten Numidier und Karlhager, mit denen
Griechen, Römer und Vandalen sich vermischten. Die Mauren, welche die Sahara
und den Sudan bis an den Senegal durchschwärmen, sind eine arabische Spielart.
Das Christenthum hat noch wenig festen Fuß in Afrika gewonnen, obgleich seit
Jahren europäische Missionäre an der Westküste mit aufopfernder Thätigkeit arbeiten.
Wohl ist es bei den Kopten (in Egypten) und bei den Abyssiniern seit alten Zeiten
heimisch, aber gegenwärtig so entartet, daß es keinen Einfluß auf das Leben übt.
Die Hauptmasse der afrikanischen Völker ist einem fratzenhaften Götzendienste ergeben,
die Ungeheuer der Lüste, des Meeres und der Erde sind die Bilder für die Gottheit,
Zauberei und Fehtischdienst stehen noch in voller Blüthe. So hell und grell das
irdische Licht, so finster ist das Licht des Geistes bei den afrikanischen Menschen.
108. Der Sklave.
Ein Negersklave in Westindien hatte sich durch sein christliches
Betragen das Zutrauen seines Herrn erworben. Als dieser einst neue
Sklaven brauchte, nahm er ihn mit auf den Sklavenmarkt und be¬
fahl ihm, solche auszusuchen, die er für die besten hielte. Der Sklave
hatte sie ausgesucht, da sah er noch einen alten, abgelebten Mann.
„Massa (Herr)", sprach er, „den müßt ihr noch in den Kauf haben."
-7- „Warum?" fragte der Herr. — „O Massa", antwortete der Ne¬
ger, „ihr müßt ihn haben!" Der Sklavenhändler, der wohl ohne¬
hin an dem Alten nicht viel zu verdienen wußte, willigte ein. Nicht
lange nachher, nachdem der arme, alte Mann seinem neuen Herrn
angehörte, wurde er sehr krank. Der fromme Neger pflegte ihn und
bezeigte ihm alle kindliche Aufmerksamkeit, so daß es seinem Herrn
unmöglich entgehen konnte.
„Was hast du mit dem alten Mann?" fragte sein Herr, „du
bist so zärtlich besorgt für ihn; ist es vielleicht dein Vater?" — „Nein,
Massa", sagte der Sklave, „es ist mein Vater nicht." — „Oder einer
deiner Anverwandten?" — „Nein, Massa, er ist kein Verwandter von
mir." — „Wer denn, dein Freund?" — „Nein, Massa, er ist auch
nicht mein Freund!" — „Und was denn?" fragte der Herr. „Er
Lesebuch. ^