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3. Der König. 
Die Königswürde ist im Mannesstamme der Hohenzollern nach dem Rechte der 
Erstgeburt erblich. Mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ist der Thronfolger voll¬ 
jährig. Der König leistet bei seinem Regierungsantritte in Gegenwart des Landtages 
den Eid aus die Verfassung. Ist der König minderjährig oder regierungsfähig, so 
übernimmt der nächste volljährige königliche Prinz als Regent die Herrschaft. Mit 
der preußischen Königskrone ist die deutsche Kaiserwürde verbunden. 
Die Person des Königs ist unverletzlich. Vergehen und Verbrechen gegen den 
Herrscher werden streng bestraft. Der Monarch ist den Strafgesetzen nicht unter¬ 
stellt. — Der König beruft und schließt den Landtag und übt mit ihm die Gesetz¬ 
gebung aus. — Die vollziehende Gewalt steht ihm allein zu. Er ernennt und ent¬ 
läßt die Minister, er ordnet die Verkündigung der Gesetze an und überwacht deren 
Ausführung. — Alle Regierungsakte des Königs werden erst gültig, wenn sie die 
Gegenzeichnung eines Ministers erhalten haben, der dadurch die Verantwortlichkeit 
übernimmt. — Dem Könige steht das Recht der Begnadigung und der Ordens¬ 
verleihung zu. — Der König sührt den Oberbefehl über das Heer. — Die richterliche 
Gewalt wird in seinem Namen von unabhängigen Richtern ausgeübt. — Das 
Einkommen (Z i v i l l i st e) des Königs beträgt 19,2 Millionen Mark. 
4. Ter Landtag. 
Der Landtag ist die verfassungsmäßige Vertretung des preußischen Volkes. Er be¬ 
steht aus zwei Häusern oder Kammern. Die erste Kammer ist das H e r r e n- 
haus, die zweite Kammer ist das Abgeordnetenhaus. 
Das Herrenhaus setzt sich zusammen aus den volljährigen königlichen Prinzen, 
den Häuptern der ehemals reichsunmittelbaren Fürsten, Grafen und Herren, den Ver¬ 
tretern des Großgrundbesitzes, der Großstädte und der Universitäten. Außerdem beruft 
der König noch solche Männer, diesem besonderes Vertrauen genießen. —Die Mit¬ 
glieder des Herrenhauses werden nicht gewählt. Sie werden vom Könige aus Lebens¬ 
zeit oder sür die Zeit, in der sie ein bestimmtes Amt bekleiden, ernannt. —Die erste 
Kammer ist beschlußfähig, wenn wenigstens 60 Mitglieder anwesend sind. 
Das Abgeordnetenhaus besteht aus 443 Mitgliedern, die vom Volke 
gewählt worden sind. — Wählen darf jeder Preuße, der das 24. Lebensjahr 
vollendet hat, der sich im Vollbesitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindet, der 
keine öffentliche Armennnterstütznng empfängt und wenigstens 6 Monate in 
der Gemeinde, in der er das Wahlrecht ausüben will, wohnt. Für Militärpersonen 
ruht das aktive Wahlrecht. — Wählbar ist jeder Preuße, der das 
30. Lebensjahr vollendet hat, der wählen darf und wenigstens schon ein Jahr 
dem preußischen Staatsverbande angehört. Von dem passivenWahl rechte 
sind die Militärpersonen nicht ausgeschlossen. 
Für die Wahl der Abgeordneten ist der Staat in 443 Wahlkreise eingeteilt. 
In jedem wird ein Abgeordneter gewählt. Die Wähler heißen Urwähler und 
werden nach ihren direkten Steuern in drei Klassen eingeteilt. Zu der ersten 
Klasse gehören die Urwähler, die das erste Drittel der vorn Urwahlbezirk auf¬ 
gebrachten Steuern bezahlen, zur zweiten Klasse, die das zweite Drittel entrichten
	        
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