Full text: [Teil 4, [Schülerbd.]] (Teil 4, [Schülerbd.])

401 
8. „Mein Sohn! das sind die Schlegler, die schlagen kräftig drein,— 
gib mir den Leibrock, Junge! — das ist der Eberstein! 
Ich kenne wohl den Eber, er hat so grimmen Zorn; 
ich kenne wohl die Rose, sie führt so scharfen Dorn." 
9. Da kommt ein armer Hirte in atemlosem Lauf: 
„Herr Graf! es zieht 'ne Rotte das untre Tal herauf; 
der Hauptmann führt drei Beile; sein Rüstzeug glänzt und gleißt, 
daß mir's wie Wetterleuchten noch in den Augen beißt." 
10. „Das ist der Wunnensteiner, der gleißend' Wolf genannt, — 
gib mir den Mantel, Knabe! — der Glanz ist mir bekannt' 
er bringt mir wenig Wonne, die Beile hauen gut — 
bind mir das Schwert zur Seite! — der Wolf, der lechzt nach Blut." 
11. Da spricht der arme Hirte: „Des mag noch werden Rat; 
ich weiß geheime Wege, die noch kein Mensch betrat, 
kein Roß mag sie ersteigen, nur Geißen klettern dort, 
wollt Ihr sogleich mir folgen, ich bring' Euch sicher fort." 
12. Sie klimmen durch das Dickicht den steilsten Berg hinan, 
mit seinem guten Schwerte haut oft der Graf sich Bahn. 
Wie herb das Fliehen schmecke, noch hatt' er's nie vermerkt; 
viel lieber möcht' er fechten, das Bad hat ihn gestärkt. 
13. In heißer Mittagsstunde bergunter und bergauf! 
Schon muß der Graf sich lehnen auf seines Schwertes Knauf. 
Darob erbarmt's den Hirten des alten, hohen Herrn, 
er nimmt ihn auf den Rücken: „Ich tu's von Herzen gern!" 
14. Da denkt der alte Greiner: „Es tut doch wahrlich gut, 
so sänftlich fein getragen von einem treuen Blut. 
In Fährden und in Röten zeigt erst das Volk sich echt, 
drum soll mau nie zertreten sein altes, gutes Recht!" 
15. Als drauf der Graf gerettet zu Stuttgart sitzt im Saal, 
heißt er 'ne Münze prägen als ein Gedächtnismal; 
er gibt dem treuen Hirten manch blankes Stück davon, 
auch manchem Herrn von Schlegel verehrt er eins zum Hohn. 
16. Dann schickt er tücht'ge Maurer ins Wildbad alsofort, 
die sollen Mauern führen rings um den offnen Ort, 
damit in künft'gen Sommern sich jeder greise Mann, 
von Feinden ungefährdet, im Bade jüngen kann. 
Dietleins Deutsches Lesebuch. Mittelsch. IV. 26
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.