Full text: [Band 6, [Schülerband]] (Band 6, [Schülerband])

Und das zu tun, 
Was die Mutter verlangt, 
Was ist's denn so Großes?“ 
Doch als ich älter worden 
Und trat in die Welt hinaus, 
Ach, wie so schwer ward's! 
Ach, wie so schwer ward's! 
Kind. 
Großmutter, hörst du den schönen 
Vogel singen? 
Großmutter. 
Und als ich Jungfrau worden 
Und meiner jungen Seele 
Des Lebens Fülle sich auftat, 
Und ich hörte die Eltern 
Von Sorgen sprechen, 
Und daß die Welt nur 
Voll Trübsal sei, 
Da dacht' ich bei mir: 
„Was die Leute doch wollen! 
Sein fröhlich Gemüt 
Vor Unmut zu wahren, 
Und nur der Schönheit 
Dieser reichen Erde 
Sein Herz zu öffnen, 
Was ist's denn so Großes?“ 
Doch ich ward alt 
Und es kamen die Sorgen; 
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Ach, wie so schwer ward's! 
Ach, wie so schwer ward's! 
Kind. 
Großmutter, der schöne Vogel 
ist weggeflogen! 
Großmutter. 
Jetzt ist weiß mein Haar, 
Ich bin eine Greisin; 
Nur kurze Frist und der Tod kommt; 
Doch wenn ich die Menschen 
Vor seinem Kusse 
Zittern sehe 
Und bange sich sträuben, 
Da mein' ich oft: 
„Zu scheiden von hier, 
Was ist's denn so Großes?“ — — 
Und doch! und doch! 
Wenn die Stunde wird schlagen, 
Und ich werfe den Blick 
Zum letztenmal 
Auf diese lichte Welt, 
Auf alle meine Lieben 
Und auf das süße Kind dort, 
Ach, wie so schwer, 
Ach, wie so schwer wird es werden! 
Kind. 
Großmutter, wie ist es hier doch 
so wunderschön! 
Reinick. 
166. Der alte Baum. 
In dem heimischen Stübchen, wo lustig am Webstuhl und Haspel 
Mutter und Tochter beschäftigt waren, im Garten der Knabe, 
Saß Großmütterlein hinter dem Tisch; das Betbuch lag vor ihr 
Und die Brille daneben. Vom Lesen und Sitzen ermüdet, 
Nickte zuweilen sie ein, zuweilen schlich auch ein Seufzer 
über die Lippen; er sprach: „O Herr! wann kommet mein Stündlein?“
	        
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