Und das zu tun,
Was die Mutter verlangt,
Was ist's denn so Großes?“
Doch als ich älter worden
Und trat in die Welt hinaus,
Ach, wie so schwer ward's!
Ach, wie so schwer ward's!
Kind.
Großmutter, hörst du den schönen
Vogel singen?
Großmutter.
Und als ich Jungfrau worden
Und meiner jungen Seele
Des Lebens Fülle sich auftat,
Und ich hörte die Eltern
Von Sorgen sprechen,
Und daß die Welt nur
Voll Trübsal sei,
Da dacht' ich bei mir:
„Was die Leute doch wollen!
Sein fröhlich Gemüt
Vor Unmut zu wahren,
Und nur der Schönheit
Dieser reichen Erde
Sein Herz zu öffnen,
Was ist's denn so Großes?“
Doch ich ward alt
Und es kamen die Sorgen;
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Ach, wie so schwer ward's!
Ach, wie so schwer ward's!
Kind.
Großmutter, der schöne Vogel
ist weggeflogen!
Großmutter.
Jetzt ist weiß mein Haar,
Ich bin eine Greisin;
Nur kurze Frist und der Tod kommt;
Doch wenn ich die Menschen
Vor seinem Kusse
Zittern sehe
Und bange sich sträuben,
Da mein' ich oft:
„Zu scheiden von hier,
Was ist's denn so Großes?“ — —
Und doch! und doch!
Wenn die Stunde wird schlagen,
Und ich werfe den Blick
Zum letztenmal
Auf diese lichte Welt,
Auf alle meine Lieben
Und auf das süße Kind dort,
Ach, wie so schwer,
Ach, wie so schwer wird es werden!
Kind.
Großmutter, wie ist es hier doch
so wunderschön!
Reinick.
166. Der alte Baum.
In dem heimischen Stübchen, wo lustig am Webstuhl und Haspel
Mutter und Tochter beschäftigt waren, im Garten der Knabe,
Saß Großmütterlein hinter dem Tisch; das Betbuch lag vor ihr
Und die Brille daneben. Vom Lesen und Sitzen ermüdet,
Nickte zuweilen sie ein, zuweilen schlich auch ein Seufzer
über die Lippen; er sprach: „O Herr! wann kommet mein Stündlein?“