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satt*) in der Nikolaikirche predigen. Dieser erklärte, die Kirche könne nicht irren. Sie habe
gewiß den heiligen Geist, der in den Kirchenvätern und Kirchenversammlungen mächtig ge¬
wesen sei. Könne ein Mensch nicht vollkommenen Glauben haben, so solle er im Glauben
der Kirche bleiben. Der Mensch solle sich schicken und bereiten zur Gnade des heiligen Geistes
und genug tun für seine Sünde. Die Gotteshäuser solle man zieren und bauen. Dem
Pfarrer sei man Opfer schuldig. Denn Christus habe gesagt: Gebet dem Kaiser, was des
Kaisers und Gott, was Gottes ist. — Darnach trat ein anderer auf, der bei Gehorsam der
Kirche gebot, Pfingsten noch den Montag, Dienstag und Mittwoch zu feiern und an diesen
Tagen zu fasten.
a) Schömchen schrieb nun in der Folge mehrere Briefe an die Leipziger Prediger. U. a.:
„Dem alben Heuchler, so am Tage ^acobi 3) zu Leiptzigk geprebigt, wünsch
ich George Schömchen zu Eylenburgk bie gnabe gottes unb sein selbst erkentnis.
Ezaie 9: omnis hipocrita est et nequam4). Du alber Heuchler, betn prebigen, so
bu gethan am tage Jacobi apostoli ist mir genugsam zubeHenbiget worben, barin
bu bein thorheit unb narheyt wol unb reblich beweiset hast, . . . Du hast gefaget,
so bie alten fürsten itzt lebten, Herzog Albrecht unb anbere, sie würben solchs
nicht gestatten, fonbern mit feusten breinfchlagen. Ey wie fein conconbirstu5) mit
bem Philip unb Jacobo prebiger, welcher auch meinet, bie fürsten weren fchulbig
barzuzuthune, wie bu ban wol in meinem schreiben vernommen hast. O ir blut-
Hunbet, bürstet euch jo nach Cristemblnte unb wolt bennoch für fromme Cristen
gehalben sein. So hobt ir jo solchens (weber) von Cristo noch von ben feinen
nicht gelernt, fonbern von eurem abegot zu Roma, welcher auch ein morber
ist, wie ban von im sagt Daniel ber prophet: . . . Zum anbern haftn auch
gesagt, wie baß bie fchuflicfer unb anbere itzt bie H. fchrift besser wissen motten,
ben bie alten Heuchler, boctores wolt ich sagen, unb was bein unnutz geftuetz
alles gewest ist, faltu6) mit ber zeit ynnenwerben. Ich muß auch noch baß er¬
zürnen , ir alten groben feifenfiber, bas faltu gewiß fein, ban ich wil euch
besser anzeigen, was ir für betriger unb vorfurer unb testerer gottes feit, unb
geben! bis öffentlichen zu thun. Unb so man ansehen wil bie zeit, wie bie uni*
verfitet zu Leiptzigk aufkommen ist, so ist ber ansang nicht alzugut; ben" (nach¬
betn Huß zu unrecht verbrannt würbe, ist bie Universität von Prag zum Teil ge¬
wichen, von ber göttlichen Wahrheit abgefallen unb gen Leipzig gekommen. Daher
hat bie Leipziger Universität auch keine fchriftgelehrte Männer; unb bie wenigen
verstänbigen bürfen ihr evangelisch Denken) „nicht an tag geben vor euch alten
Heuchlern, tirannen unb feinben bes h. ewangelii ... Nu got Wirt bas wol
schicken unb eure untugent baß an tag geben, was ir vor leut seyt. Wen bu
auch bie H. fchrift gelesen hetteft, wurbestu befinben manchfelbig, baß got kein
annehmet ber Person ist, fonbern bero, by feinen willen thun unb feinem H. gött¬
lichen wort glauben geben unb sich barnach richten unb halben, feinen geboten unb
willen gehorsam fein, welchs von euch alten papitischen Heuchlern unb großen heiligen
uf höchst voracht wirb, fonbern euerm abgot mit fleiß anhanget, bem babst unb
feiner leer, welches gleichen logner 8) von anbegin ber werlt9) auf erben ny kommen
ist; unb ab er schon in eigener Person bis nicht thut, so gestabt ers unb ist
berfelbigen logener ein hanbhaber unb beschützet. Unb wiewol ber prophet Amoß
ein Hirte was, noch10) gäbe ym got feinen getst, zu weissagen, welchs fchrift euch
alben Heuchlern gar fere in ber nafen kutzelt. Gebenkestu auch, baß bie propheten
solche junfere waren, als bu itzt unb bein gleichen? Nein zwar, fy gingen mit
2) Vgl. auch S. 189. S) 25. Juli. 4) Jes. 9, 17. 5) übereinstimmen. 6) sollst du.
7) aufs höchste verachtet. 8) Lügner. 9) Anbeginn der Welt. 10) dennoch.
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