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achteten nicht der Gefahr, der sie sich durch eine solche Kundgebung
ihrer Sympathien ausfetzten. Die Henker aber beeilten sich, den
Leichnam den Blicken des Volkes zu entziehen und versengten denselben
in ungelöschtem Kalk, um ihn vollends zu zerstören und keine Reliquie
übrig zu lassen.
Einige Monate nach diesem Vorfalle traf auch die Königin
Marie Antoinette ein gleiches Schicksal. Nachdem sie die letzte Zeit der
Haft getrennt von ihren Kindern in einer feuchten niedrigen Kammer,
wo eine zerrissene Matratze ihr Lager bildete, zugebracht hare mußte
fie in zerlumpten Kleidern vor ihren Anklägern erscheinen. Ihre Hai⸗
rung bei dieser Gelegenheit, wie während ihrer übrigen Leiden, war
bewunderungswürdig. Sie wurde zum Tode verurtheilt, auf dem ge⸗
wöhnlichen Henkerskarren zur Hinrichtungsstelle geführt und daselvst
zuillotinirt. Von den königlichen Kindern Ludwig und Maria Theresia
wurde der Knabe dem Schuster Simon, einem rohen Menschen, zur
Aufficht übergeben. Er starb in Folge der entsetzlichsten Mißhandlungen
schon im J. 1795. Die Tochter wurde später gegen gefangene fran⸗
zösische Offiziere an Oesterreich ausgeliefert.
16. Aapoleon Ronaparte.
Die französische Revolution hatte zuletzt einen so zügellosen
Berlauf genommen und so sehr waren alle Bande der Ordnung gelöst
und der Wohlstand zerrüttet, daß eine Heilung dieser Gebrechen un⸗
möglich und Frankreich dem Verderben anheimgefallen schien. Nichts⸗
destoweniger hob sich dieses Land bald aus den Gräueln der Anarchie
und des Bürgerkrieges; Ruhe und Wohlstand kehrten zurück und die
Einwohner erfreuten sich an der durch die Revolution neugeschaffenen
Ordnung. Diesen ungeahnten Wechsel bewirkt zu haben, ist das Ver⸗
dienst des als Feldherrn unvergleichlichen Korsen Napoleon Bonaparte.
Napoleon Bonaparte wurde im J. 1769 auf der Insel Corfica
geboren, wo sein Vater Advocat war. Letzerer starb schon im 30ten
Lebensjahre und hinterließ 5 Söhne und 3 Töchter, auf deren Er—
ziehung ihre Mutter Lätitia große Sorgfalt verwendete. Napoleon
Bonaparte wurde in die Kriegsschule zu Brienne aufgenommen, und
vollendete später seine militärische Bildung in Paris. Nach dem Aus—
bruche der Revolution ergriff er mit Begeisterung die Sache der Re—
publik und zeichnete sich zuerst bei der Belagerung von Toulon aus.
Er stieg darauf rasch zum Artilleriegeneral und gelangte schon im
J. 1796 an die Spitze der Armee in Italien, welche die Oesterreicher
und die mit ihnen verbündeten Sardinier bekämpfte. Geradezu wunder—