51. Gevatter Tod.
Jakob und Wilhelm Grimm.
Es halte ein armer Mann zwölf Binder und mutzte Tag und Nacht
arbeiten, damit er ihnen nur Brot geben konnte. Als nun das drei¬
zehnte zur Welt kam, wutzte er sich in seiner Not nicht zu helfen, lief
hinaus auf die grotze Landstratze und wollte den ersten, der ihm be¬
gegnete, zu Gevatter bitten. Der erste, der ihm begegnete, war der
liebe Gott, der wutzte schon, was er auf dem Herzen hatte, und sprach
zu ihm: „Armer Mann, du dauerst mich, ich will dein Kind aus der
Taufe heben, will für es sorgen und es glücklich machen auf Erden."
Der Mann sprach: „Wer bist du?" — „Ich bin der liebe Gott." —
„So begehr' ich dich nicht zu Gevatter," sagte der Mann, „du gibst
dem Reichen und lässest den Armen hungern." Das sprach der Mann,
weil er nicht wutzte, wie weislich Gott Reichtum und Armut verteilt.
Also wendete er sich von dem Herrn und ging weiter. Da trat der
Teufel zu ihm und sprach: „Was willst du? Willst du mich zum
Paten deines Kindes nehmen, so will ich ihm Gold die Hülle und
Fülle und alle Lust der Welt dazu geben." Der Mann fragte: „Wer
bist du?" — „Ich bin der Teufel." — „So begehr' ich dich nicht zum
Gevatter," sprach der Mann, „du betrügst und verführs^die Menschen."
Er ging weiter, da kam der dürrbeinige Tod auf ihn zugeschritten und
sprach: „Nimm mich zum Gevatter." Der Mann fragte: „Wer bist du?"
— „Ich bin der Tod, der alle gleich macht." Da sprach der Mann:
„Du bist der rechte, du holst den Reichen wie den Armen ohne Unter¬
schied, du sollst mein Gevattersmann sein." Der Tod antwortete: „Ich
will dein Kind reich und berühmt machen, denn wer mich zum Freunde
hat, dem kann's nicht fehlen." Der Mann sprach: „Künftigen Sonntag
ist die Taufe, da stelle dich zu rechter Zeit ein." Der Tod erschien, wie
er versprochen hatte, und stand ganz ordentlich Gevatter.
Als der Knabe zu Jahren gekommen war, trat zu einer Zeit der
Pate ein und hietz ihn mitgehen. Er führte ihn hinaus in den Wald,
zeigte ihm ein Kraut, das da wuchs, und sprach: „Jetzt sollst du dein
Palengeschenk empfangen. Ich mache dich zu einem berühmten Arzt.
Wenn du zu einem Kranken gerufen wirst, so will ich dir jedesmal er¬
scheinen: steh' ich zu Häupten des Kranken, so kannst du keck sprechen,
du wolltest ihn wieder gesund machen, und gibst du ihm dann von jenem
Kraut ein, so wird er genesen; steh' ich aber zu Fützen des Kranken,