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ausgenützt werden können, sich also nicht verzinsen. In Gebrauch sind
nur eine selbstgefertigte, einfache Blechschneidemaschine, ferner eine Dreh—
bank, die für die Maschinenschlosserei unerläßlich ist, und eine Bohr—
maschine, endlich die kleinen Maschinen zum Schneiden der Schraubenge—
winde, die sogenannten Gewindekluppen.
Auch das sonstige Handwerkszeug erfordert bedeutende Kosten, so—
daß sich ein Anlagekapital von über 900 Mark ergibt. Dazu kommt
noch der in den Rohvorräten und im Laden steckende Wert von ungefähr
1000 Mark.
Wenn wir schließlich noch einen Blick auf die Einkommens- und
Lebensverhältnisse dieses Gewerbetreibenden werfen, so möchten wir zu—
nächst feststellen, daß von einer schädlichen Konkurrenz durch die Groß-
industrie hier kaum zu sprechen ist. Zwar die Anfertigung der Schlösser
ist den Fabriken anheimgefallen; aber dafür haben sich viele andere Ar—
beiten eingestellt, und die Hauptsache, das Anschlagen der Schlösser, ist
dem Dorfgewerbe geblieben. Von einer Konkurrenz der benachbarten
Kleinmeister ist ebenfalls nicht zu sprechen, weil der Schlosser außer—
ordentlich billig arbeitet. Sein Einkommen dürfte sich zwischen 1100 und
1200 Mark bewegen.
Der Schlosser ist der Besitzer eines schmucken Hauses mit hübschem
Garten. In dem Ausbau und der Erweiterung seines Anwesens wie
seines Gewerbes liegt ein sicheres Zeichen für sein wirtschaftliches Vor—
wärtskommen. Als ein ruhiger, ehrenfester Mann erfreut er sich der
größten Achtung in seiner Gemeinde.
Nach Büchers „Untersuchungen über die Lage des Handwerks“.
87. Ein Zwickauer Kohlenschacht.
Wir waren tüchtig gewandert. Gegen Mittag marschierten wir
in Zwickau ein und ließen uns im Gasthause einen Imbiß reichen.
„Nur langsam, schlinge doch nicht alles so hinein!“ bemerkte der
Vater etwas unwillig. „Vor 2 Uhr können wir den Herrn Ober—
steiger doch nicht aufsuchen.“ Doch ich hatte kein Sitzfleisch, ich
brannte vor Begierde, ich sah mich im Geiste schon hinabfahren in
den Kohlenschacht. Ich huckte mein Ränzchen wieder auf und war
reisefertig. Der Vater wollte erst noch einen Augenblick ruhen und
hatte sich eine Zeitung geholt. Ich marschierte draußen vor den
Fenstern auf und ab. Da konnte ich ja sehen, was drin vorging.
Endlich schob er die Zeitung beiseite und schnallte sein Ränzel auf;
jetzt griff er nach dem Hute, faßte den Stock, zahlte — und meine
Geduldsprobe war zu Ende.
Wir fragten uns nach dem Brückenberge durch. Schlag 2 Uhr
klopfte der Vater an die Tür der Wohnung des Herrn Obersteigers.
Er trug ihm unser Begehren vor, der Herr stellte uns eine Erlaubnis⸗
karte aus, und wir wurden ins Huthaus geführt. Hier bekamen wir
zuerst ein Paar weite Leinwandhosen, die wir über die unsrigen zogen,
Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen.
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